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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit<br />

von Psychosomatik und <strong>Psychiatrie</strong><br />

Christa Roth-Sackenheim<br />

Die ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung<br />

schwer psychisch <strong>Kranke</strong>r hat sich durch die Einführung des Psychotherapeutengesetzes<br />

bisher nicht verbessert. Es gibt alarmierende<br />

Anzeichen, dass die ambulante Versorgung in psychiatrisch-psychotherapeutischen<br />

Praxen zurückgeht. Das hat zum einen den Grund,<br />

dass durch die BSG-Rechtssprechung rein psychotherapeutisch Tätige<br />

finanziell besser gestellt werden als psychotherapeutisch tätige<br />

Psychiaterinnen und Psychiater, die die Kriterien, um in den »Genuss«<br />

der finanziellen Absicherung zu kommen, nicht erfüllen können,<br />

da sie auch psychiatrisch arbeiten. (Sie erreichen weniger als<br />

90 % Abrechnung aus dem Psychotherapie-Kapitel GIV EBM).<br />

Gleichzeitig sind durch die gesetzliche Trennung von Haus- und<br />

Fachärztinnentöpfen in der ambulanten Versorgung generell fachärztliche<br />

Leistungen geringer honoriert. So kommt es zu der absurden<br />

Situation, dass die Psychiaterinnen und Psychiater, die schwerer<br />

psychisch <strong>Kranke</strong> psychotherapeutisch versorgen, schlechter<br />

bezahlt werden als rein psychotherapeutische Praxen, die nur über<br />

Anrufbeantworter erreichbar sind, keine Notfallsprechstunden<br />

anbieten usw. Mit der flächendeckenden Etablierung von Abteilungen<br />

für Psychotherapeutische Medizin wächst die Gefahr einer psychiatrischen<br />

2-Klassen-Medizin. Psychiatrische Landeskrankenhäuser<br />

oder Abteilungen für <strong>Psychiatrie</strong> an Allgemeinkrankenhäusern<br />

werden durch die immer noch bestehende Stigmatisierung von psychiatrisch<br />

<strong>Kranke</strong>n und Psychiaterinnen und Psychiater als weniger<br />

»attraktiv« empfunden als Psychosomatische Fachabteilungen<br />

oder Kliniken. Dies ist auch ein Problem bei der psychiatrischen<br />

Rehabilitation, die in einer Rehabilitationsabteilung für Psychotherapeutische<br />

Medizin nicht adäquat geleistet werden kann, sofern<br />

nicht feste psychiatrische Konzepte ebenfalls installiert sind. Die<br />

Zukunft kann nur in einer Zusammenarbeit der Psychosomatik und<br />

der <strong>Psychiatrie</strong> liegen, nicht in einem Gegeneinander, denn die<br />

<strong>Psychiatrie</strong> beschäftigt sich mit der Psychosomatik des Gehirns und<br />

der bio-psycho-sozialen Einheit Mensch.<br />

Gerontopsychiatrie und Altenhilfe<br />

Einleitung<br />

Andreas Crome<br />

130 131<br />

In dieser Veranstaltung wurde vor allen Dingen darauf hingewiesen,<br />

dass in der <strong>Psychiatrie</strong>-Reformbewegung bzw. in der aktuellen psychiatrischen<br />

Versorgungsdiskussion die zu erwartenden sehr großen<br />

quantitativen Probleme, in Anbetracht der Umkehrung der Alterspyramide<br />

zu einem Alterspilz in der Gesellschaft, bei weitem nicht<br />

genügend gesehen werden. Es gibt zwar zahlreiche innovative integrative<br />

gerontopsychiatrische Versorgungsmodelle, sie müssten<br />

jedoch auf dem Hintergrund der geschilderten Problematik inhaltlich<br />

und ökonomisch neu bewertet werden und zu einem sinnvollen,<br />

inhaltlich und sozialrechtlich verbindlichen Gesamtkonzept bzw.<br />

zu einem Verbund zusammengeführt werden, der in jeder Versorgungsregion<br />

ausreichende Angebote für alle Betroffenen und für alle<br />

Problemlagen ermöglicht. Ob dies auf Dauer durch vollfinanzierte<br />

professionelle Hilfe zu leisten ist, ist eine Frage an die Zukunft. In<br />

der Versorgungsepidemiologie müssen u.a. die steigende Zahl der<br />

Hochbetagten und ihre psychiatrischen Morbiditätsrisiken berücksichtigt<br />

werden, ebenso wie das so genannte schrumpfende Töchter-Pflegepotenital<br />

und die sich möglicherweise erhöhende Suizidraten<br />

alter Menschen, die Tendenz zur wirtschaftlichen Verelendung<br />

und zur »Vergewaltigung« und Ausbeutung durch Betreuung. Aus<br />

der Sicht der Gerontopsychiatrie ist es auch problematisch, dass die<br />

Pflegeversicherung zwar die Kosten dafür trägt, einem Menschen<br />

auf die Toilette zu helfen, aber nicht dafür, den Weg zur Toilette zu<br />

finden. Insgesamt führt die demografische Entwicklung zwangsläufig<br />

zu einer immer größer werdenden Schwere zwischen der Zahl der<br />

betreuungsbedürftigen psychisch kranken alten Menschen einerseits<br />

und der Zahl der potenziellen Betreuungspersonen andererseits.<br />

Nicht nur angesichts der altersabhängigen Multimorbidität werden<br />

zukünftig die Anforderungen an die Kooperation zwischen den medizinischen<br />

Disziplinen und Professionen ebenso wie die zwischen

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