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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Suchtkrankenhilfe und Primärversorgung<br />

Einleitung<br />

Niels Pörksen<br />

Etwa 9 Millionen Menschen in der Bundesrepublik haben Probleme<br />

mit Suchtmitteln, allen voran mit Alkohol, aber auch mit suchtfördernden<br />

Medikamenten und illegalen Drogen. Nicht alle sind<br />

abhängig, viele betreiben einen riskanten oder schädlichen Gebrauch<br />

– in allen Fällen aber führen Abhängigkeit, riskanter oder schädlicher<br />

Konsum zu erheblichen körperlichen, psychischen und sozialen<br />

Problemen.<br />

In der <strong>Psychiatrie</strong> werden überwiegend diejenigen Suchtkranken<br />

behandelt, bei denen auf Grund der Schwere der Erkrankung<br />

erhebliche Folge- und Begleiterkrankungen aufgetreten sind (sog.<br />

Menschen mit Chronisch Mehrfachgeschädigter Abhängigkeit –<br />

CMA) oder bei denen die Suchterkrankung mit einer anderen psychischen<br />

Erkrankung einhergeht. Immerhin leiden etwa 30–50 %<br />

aller Patientinnen und Patienten, die in einem psychiatrischen <strong>Kranke</strong>nhaus<br />

behandelt werden, an einer Suchterkrankung. Unabhängig<br />

davon gehen Menschen mit Suchtproblemen regelmäßig zur<br />

Hausärztin bzw. -arzt, viele von ihnen werden im Allgemeinkrankenhaus<br />

stationär »entgiftet« oder wegen der Folge- und Begleiterkrankungen<br />

behandelt. In dieser sog. Primärversorgung – Hausärztin/Hausarzt<br />

und Allgemeinkrankenhaus – werden die meisten<br />

Patientinnen und Patienten mit Suchtproblemen allerdings nur<br />

wegen der Folge- und Begleiterkrankungen behandelt, nicht jedoch<br />

wegen der Suchtprobleme.<br />

Internationale Studien zur Behandlung von Menschen mit<br />

Suchtproblemen haben eindeutig nachweisen können, dass suchtspezifische<br />

Diagnostik und Kurzbehandlung in der hausärztlichen<br />

Praxis oder im Allgemeinkrankenhaus mit geringem Zeitaufwand<br />

und hoher Effektivität möglich ist. (»brief intervention« – Kurzbehandlung,<br />

über die WHO – Weltgesundheitsorganisation – in länderübergreifenden<br />

Studien erprobt). Diese Studien konnten in ei-<br />

180 181<br />

nem Modellprojekt des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in<br />

den <strong>Jahre</strong>n 1994–1997 auch in der Bundesrepublik bestätigt werden<br />

(KREMER u.a. 1998). In den Praxen niedergelassener Ärztinnen<br />

und Ärzte, in denen immerhin 70–80 % aller Menschen mit<br />

Suchtproblemen mindestens einmal pro Jahr behandelt werden,<br />

kann die Hausärztin bzw. der Hausarzt bei entsprechender Diagnostik<br />

und motivierender Kurzbehandlung in 15–20 Minuten außerordentlich<br />

erfolgreich wirken. Die Behandlung setzt früh ein, sie<br />

wirkt für die meisten Patientinnen und Patienten wenig belastend<br />

und diskriminierend, sie ist hochgradig effektiv. Auf Grund dieser<br />

Erfahrungen hat die Bundesärztekammer die Fachkunde »Suchtmedizische<br />

Grundversorgung« eingeführt mit dem Ziel, möglichst<br />

viele Ärztinnen und Ärzte in dieser Fachkunde auszubilden, umso<br />

zur Verbesserung der Suchtkrankenversorgung beizutragen.<br />

Im Symposium »Suchtkrankenhilfe und Primärversorgung«<br />

haben Hüllinghorst und Kremer zur Bedeutung der Behandlung in<br />

der hausärztlichen Praxis und im Allgemeinkrankenhaus detailliert<br />

Stellung genommen. Sundermann hat in seinem Beitrag darauf hingewiesen,<br />

dass es für die Menschen mit Chronisch Mehrfachgeschädigter<br />

Abhängigkeit (CMA) erforderlich ist, vor Ort in den<br />

Kommunen eine Gesamtkonzeption zu entwickeln, damit die<br />

Daseinsvorsorge in der Kommune, die Suchtkrankenhilfe vor Ort<br />

und die zuständigen Ärztinnen bzw. Ärzte und <strong>Kranke</strong>nhäuser integrativ<br />

zusammenwirken. Am Beispiel der Stadt Bochum konnte<br />

Sundermann zeigen, dass und wie ein solches Vorhaben gelingen<br />

kann.<br />

Literatur<br />

Suchtkrankenhilfe und Primärversorgung<br />

KREMER G., DORMANN S., WIENBERG G., PÖRKSEN N., WESSEL T., RÜTER<br />

E.: Modellerprobungen: Konzeptionen, Ergebnisse und Bewertungen.<br />

Modellprojekt Bielefeld. In: BMG (Hrsg): Weiterentwicklung von Hilfen<br />

für Alkoholkranke und Menschen mit Alkoholproblemen. Bd. 106<br />

Schriftenreihe des BMG. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1998

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