"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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nung der Pflegeeinrichtungen mit dem multiprofessionellen ambulanten<br />
gerontopsychiatrischen Behandlungsteam.<br />
Zur Wohnsituation ist Folgendes bemerkenswert: Im <strong>Jahre</strong> 1993<br />
(s. Tabelle 5) betrug der Anteil der stationär behandlungsbedürftigen<br />
Patientinnen und Patienten, die aus Heimen zur Aufnahme<br />
gebracht wurden, noch 28,5 %, im <strong>Jahre</strong> 1998 lediglich noch 17,7 %.<br />
Diese Abnahme ist unseres Erachtens darauf zurückzuführen, dass<br />
einerseits die in Heimen wohnenden Patientinnen und Patienten<br />
verstärkt durch unser Behandlungsteam vor Ort behandelt wurden,<br />
sodass es weniger häufig zu einer Aufnahme kommen musste, andererseits,<br />
dass die Vermittlung komplementärer Hilfestellungen<br />
überhaupt dazu führt, dass weniger Patientinnen und Patienten in<br />
Pflegeheime verlegt werden müssen.<br />
Tabelle 5: Wohnsituation<br />
Klaus Nißle<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998<br />
Lebt alleine 35,6 % 33,8 % 34,7 % 36,0 % 30,2 % 31 %<br />
Lebt in Heim 28,5 % 28,5 % 27,5 % 22,5 % 21,2 % 17,7 %<br />
Lebt mit Elternteil 0,2 % 0,5 % 0,5 % – 0,7 % 0,5 %<br />
Lebt mit Partner/-in 22 % 26 % 26,8 % 26 % 20 % 29 %<br />
Lebt mit Kinder(n) 13 % 12 % 9,3 % 11,4 % 13,3 % 12,5 %<br />
Lebt mit Geschwister(n) 1,7 % 2,3 % 1,8 % 1,7 % 1,6 % 2 %<br />
Lebt mit anderen Verwandten 0,2 % 1,3 % 0,2 % 0,6 % 1 % 2 %<br />
Fehlende Angaben 2,6 % 3,4 % 0,2 % 1,7 % 1,6 % 5,3 %<br />
Ergebnisse aus der ambulanten Behandlung<br />
während der Projektphase 1996–1998<br />
Im ambulanten Bereich zeigt sich, dass eine gute Zusammenarbeit<br />
im primären Niveau mit den Hausärztinnen und -ärzte erzielt wurde.<br />
So wurden 1/3 aller Ambulanzkontakte durch direkte Initiative<br />
der Hausärztinnen und -ärzte hergestellt, gefolgt von den Altenheimen<br />
(28 %). Die eigene gerontopsychiatrische Station vermittelte<br />
lediglich in 13 % aller Fälle den ambulanten Primärkontakt, wobei<br />
es sich hier hauptsächlich um Übergangspflege nach stattgehabter<br />
stationärer Behandlung handelte. Insgesamt lässt sich daraus herleiten,<br />
dass die stationären Dienste auf die Primärversorgung ver-<br />
Verzahnung ärztlicher und pflegerischer Versorgung<br />
von gerontopsychiatrisch Erkrankten<br />
144 145<br />
weisen und dass diese wiederum die spezialisierten Dienste der<br />
Ambulanzen in Anspruch nehmen, wenn ein Projekt längere Zeit<br />
läuft. Ein besonderes qualitatives Kriterium ist auch die Tatsache,<br />
dass 3/4 der Patientinnen und Patienten durch Hausbesuche kontaktiert<br />
werden, wobei hier die größte Anzahl die Alten- und Pflegeheime<br />
darstellen. 57 % unserer ambulant behandelten Patientinnen<br />
und Patienten leben nicht in Heimen, lediglich 41 % in Altenund<br />
Pflegeheimen, nur bei 2 % kam es während des Untersuchungszeitraumes<br />
zu einem Wechsel aus dem ambulanten in den stationären<br />
Bereich. Bezogen auf die Berufsgruppe rangieren die Ärztinnen<br />
bzw. Ärzte bei den Erstkontakten mit 69 % an erster Stelle. Es imponiert,<br />
dass Ergotherapeutinnen und -therapeuten und Sozialpädagoginnen<br />
und -pädagogen mit jeweils 6 % sowie auch das <strong>Kranke</strong>npflegepersonal<br />
mit 9 % in immerhin 21 % der Fälle den<br />
Erstkontakt zur gerontopsychiatrischen Patientin oder zum Patienten<br />
aufgenommen haben. Eine erste multiprofessionelle Kontaktaufnahme<br />
fand in 11,3 % aller Fälle statt. Betrachtet man den Verlauf<br />
innerhalb von zwei <strong>Jahre</strong>n, so lässt sich evaluieren, dass im<br />
weiteren therapeutischen Kontakt der Anteil der aufsuchend betreuten<br />
Personen weiter zunimmt (89 %). Die Kontakte finden bei einer<br />
knappen Hälfte (46 %) alle zwei bis vier Wochen statt, bei etwa<br />
1/4 der Klientinnen und Klienten (26 %) 4- bis 8- wöchentlich.<br />
Intensivkontakte (mehrfach in der Woche) waren bei immerhin 7 %<br />
der Patientinnen und Patienten notwendig, um eine stationäre Aufnahme<br />
zu verhindern. Im Verlauf der ambulanten Betreuung ruht<br />
der Schwerpunkt nach zwei <strong>Jahre</strong>n zwar immer noch bei den Ärztinnen<br />
und Ärzten (24 % der Gesamtkontakte), nahm aber um <strong>25</strong> %<br />
gegenüber den Erstkontakten ab. Im gleichen Zeitraum verdoppelte<br />
sich der Anteil der vom Pflegepersonal betreuten Patientinnen und<br />
Patienten, sodass herzuleiten ist, dass im Laufe einer gerontopsychiatrischen<br />
multiprofessionellen Versorgung das Pflegepersonal<br />
zunehmend die Betreuungskontinuität der Patientinnen und Patienten<br />
übernimmt. Ärztinnen und Ärzten werden dann häufig beratend<br />
zu medizinischen Fragestellungen hinzugezogen, eine multiprofessionelle<br />
Betreuung, wie sie das Gesamtkonzept vorsieht, hat<br />
sich also innerhalb der ersten zwei <strong>Jahre</strong> bereits auf 31 % der Gesamtkontakte<br />
hin entwickelt und nimmt weiter zu.