"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Elmar Spancken<br />
gungssystem als noch nicht tragfähig erwiesen hat und die Voraussetzungen<br />
für <strong>Kranke</strong>nhausbehandlung nicht gegeben sind.<br />
Im Jahr 2000 haben wir dann eine Auswertung dieser inzwischen<br />
116 Neuaufnahmen vorgenommen. Uns interessierte besonders:<br />
� Was sind das für Patientinnen und Patienten, für die offenbar<br />
nur noch der Reha-Bereich in Betracht kommt?<br />
� Was ist inzwischen aus ihnen geworden? Ist es jener »harte Kern«,<br />
der dauerhaft auf den Langzeitbereich in der Klinik angewiesen<br />
ist?<br />
Von den 116 Neuaufnahmen waren 75 aus der Allgemeinpsychiatrie<br />
gekommen, 30 aus der Forensik, die anderen elf primär aus der Region.<br />
Sie hatten meist eine lange Behandlungszeit bis zu mehreren<br />
<strong>Jahre</strong>n hinter sich und in aller Regel waren intensive Bemühungen<br />
gelaufen, sie als Behandlungsfälle zu verlängern. 35 dieser 116 Aufnahmen<br />
konnten direkt in Außenwohngruppen, in unser Pflegeheim<br />
und in die Familienpflege vermittelt werden. Sie fanden somit sofort<br />
einen angemessenen Platz. Was aber ist aus jenen 81 geworden,<br />
die notwendigerweise zunächst in Reha-Stationen auf dem Klinikgelände<br />
aufgenommen werden mussten? Nur noch 32 dieser 81 sind<br />
auf Reha-Stationen im Klinikgelände (s. Abb. 11). Immerhin 40 aber<br />
haben eine bei der Übernahme nicht unbedingt zu erwartende Entwicklung<br />
genommen:<br />
� 11 leben in unseren eigenen Außenwohngruppen<br />
� 7 zum <strong>Teil</strong> recht schwierige Patientinnen und Patienten konnten<br />
sogar in die Familienpflege gehen<br />
� 1 wurde zum Heilpädagogischen Heim vermittelt<br />
� 18 in Einrichtungen freier Träger und<br />
� 3 sogar in eine eigene Wohnung.<br />
� Zu den erfolgreich Enthospitalisierten zählen auch 7 der 22 übernommenen<br />
Forensiker;<br />
� 6 allerdings mussten in die Forensik zurückkehren.<br />
Was sind die besonderen Probleme dieser Personengruppe? Sicherlich<br />
zählen sie zu den so genannten »Schwierigen«, bei denen sich<br />
eine Reihe von Eigenschaften auf verschiedene Weise kombinieren:<br />
Eine chronische Psychose, erhebliche Verhaltensauffälligkeiten,<br />
Suchtmittelmissbrauch, leichte Minderbegabung, Neigung zu kri-<br />
Rheinische Kliniken Bedburg-Hau: Enthospitalisierung<br />
und die Zukunft der Langzeitbereiche<br />
120 121<br />
Abb. 11: Neuaufnahmen auf Reha-Stationen. Entlassung/Enthospitalisierung<br />
81 Aufnahmen vom 01.07.90–31.12.00<br />
mineller oder auch sexueller Devianz. Oftmals haben sie ihre Schwierigkeiten<br />
dort, wo ein Minimum an sozialer Anpassungsbereitschaft<br />
in gruppenorientierten Settings verlangt wird oder individuelles<br />
Wohnen mit der Neigung zu Verwahrlosung und Isolation einhergeht.<br />
Wir können aus diesen Ergebnissen schließen, dass im Bereich<br />
Soziale Rehabilitation die Bedingungen nicht ungünstig sind, um<br />
auch schwierige Patienten weiter zu fördern. Welcher Art können<br />
diese spezifischen Bedingungen sein? In Betracht kommen:<br />
� Entlastung von dem Druck, dass sich für einen Patienten etwas<br />
zum Besseren entwickeln muss, kombiniert mit dem<br />
� grundsätzlichen Optimismus, dass sich jederzeit etwas entwickeln<br />
kann.<br />
� Dass Rehabilitation auch heißt: Stets offen bleiben für Fortschritte,<br />
aber auch ertragen können, dass es vorerst so bleibt wie es<br />
ist. Das Wissen darum, dass es Formen und Verläufe psychischer<br />
Erkrankungen gibt, die Zeiträume für Entwicklungen brauchen,<br />
die sich nicht in Wochen, Monaten oder gar <strong>Jahre</strong>n beschreiben<br />
lassen.<br />
� Die zunehmend individuell ausgerichtete Suche nach Lösungen,<br />
oftmals in Form patientinnenzentrierter »Runder Tische«. Da-