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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Betrachtet man beide Seiten in der gesetzlichen <strong>Kranke</strong>nversicherung,<br />

die Leistungs- und die Finanzierungsseite, dann stehen<br />

Jung für Alt, Mann für Frau – je nach Erwerbstätigkeit auch umgekehrt<br />

-, Alleinstehende für Familien mit Kindern und wirtschaftlich<br />

Stärkere für wirtschaftlich Schwächere ein: Die Verteilungswirkungen<br />

sind sehr viel positiver zu beurteilen, als wenn man nur<br />

die Verteilungswirkung der Finanzierungsseite betrachtet. Diese<br />

Grundprinzipien bilden den originären, sozialpolitischen Auftrag der<br />

gesetzlichen <strong>Kranke</strong>nversicherung. Neben diesen lauten die drei<br />

Nebenbedingungen:<br />

1) Sachleistungsprinzip<br />

Leistungen können – und sollten – in der gesetzlichen <strong>Kranke</strong>nversicherung<br />

unmittelbar in Anspruch genommen werden können, ohne<br />

in Vorleistung gehen zu müssen. Im Gegensatz hierzu kann es in der<br />

privaten <strong>Kranke</strong>nversicherung durchaus sinnvoll sein, Vorleistungen<br />

einzufordern, beispielsweise in Form der Kostenerstattung.<br />

2) Gehobener Standard<br />

Obwohl die Konstruktionsprinzipien unserer gesetzlichen <strong>Kranke</strong>nversicherungen<br />

unter Verteilungsgesichtspunkten kritikfähig und<br />

kritikwürdig sind, erfolgt im Vergleich – beispielsweise zu Großbritannien<br />

– die Absicherung in Deutschland auf einem sehr viel höheren<br />

Niveau: Dort sind private Zusatzversicherungen angeraten,<br />

um nicht im Public Health Service vorgesehene Leistungen in Anspruch<br />

nehmen zu müssen. In der GKV dagegen wird ein gehobener<br />

Standard für alle sichergestellt.<br />

3) Wirtschaftlichkeitsgebot<br />

Martin Pfaff<br />

Diese Bedingung ergibt sich aus der Selbstverständlichkeit, dass mit<br />

Zwangsbeiträgen von Versicherten sparsam umzugehen ist.<br />

Der Titel des diesem Artikel zugrunde liegenden Diskussionsforums<br />

lautet »Angebotsorientierte Marktwirtschaft oder bedarfsorientierte<br />

Steuerung?« Dies ist – zumindest aus Sicht des Ökonomen<br />

– interpretationsfähig und provokativ. Im Bereich der<br />

angebotsorientierten Wirtschaftspolitik ist die Politik gefordert,<br />

Zukunft des Gesundheitswesens: Angebotsorientierte<br />

Marktwirtschaft oder bedarfsorientierte Steuerung?<br />

196 197<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die Leistungserbringer, die<br />

Produzenten im Markt motiviert, zu investieren. Hierdurch sollen<br />

wiederum Arbeitsplätze geschaffen und die Konjunktur und das<br />

Wachstum belebt werden. Die Namen, die mit dieser Politikrichtung<br />

gemeinhin verbunden werden, lauten Reagan und Thatcher. Aber<br />

auch in Deutschland hatten und haben wir im Ansatz entsprechende<br />

Protagonisten. Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik kann<br />

sinnvoll sein, vor allem wenn in Ländern – wie damals in den USA<br />

von Ronald Reagan, oder auch im England von Margaret Thatcher<br />

– überalterte Produktionsstrukturen vorliegen. In der Bundesrepublik<br />

Deutschland jedoch sehe ich die stagnierende Binnennachfrage<br />

nach Gütern und Dienstleistungen als eine der Hauptursachen für<br />

die mangelnde Belebung der Wirtschaft und damit die mangelnde<br />

Beschäftigung. Damit ist eine der möglichen Motivationen für eine<br />

angebotsorientierte Politik nicht gegeben. Wenn man die Begriffe<br />

Angebots- und Nachfragepolitik – welche zweifellos einen wichtigen<br />

Stellenwert einnehmen – auf das Gesundheitswesen anwendet,<br />

ergibt sich der Blick auf verschiedene Steuerungsinstrumente: So<br />

kann beispielsweise zwischen marktmäßiger Steuerung über Anreizfunktionen<br />

und so genannten administrativen Lenkungsfunktionen<br />

unterscheiden. Unter marktmäßigen Steuerungselementen über Anreizfunktionen<br />

wird verstanden:<br />

a) Wettbewerb der <strong>Kranke</strong>nversicherungsträger mit Wahlfreiheit<br />

der Versicherten<br />

b) Ausbau von Selbstbeteiligung, Selbstbehalten<br />

c) Risikoäquivalente Beiträge, ähnlich wie in der PKV<br />

d) Flexibilisierung des Beitrags- und Leistungswesen<br />

e) Aufhebung der Einschränkung oder gar Einfrieren des Arbeitgeberbeitrages<br />

f) Abbau des Leistungskatalogs auf das existenziell Notwendige,<br />

also die Idee der Basisversorgung<br />

In diesem Kontext definiert sich Sozialpolitik »für die wirklich Bedürftigen«:<br />

Sozialleistungen sind auf Untergruppen einzuschränken<br />

und nicht auszuweiten auf die gesamte Bevölkerung oder auf einen<br />

großen <strong>Teil</strong> von ihr. Unter administrativen Lenkungsfunktionen wird<br />

verstanden<br />

a) Budgetierung der Ausgaben<br />

b) Bedarfsplanung für das Leistungsangebot

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