"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Martin Pfaff<br />
derung nach Wahlfreiheit zu sein, das Niveau des Leistungskatalogs<br />
langfristig zu senken. Jeglicher technischer Fortschritt würde ausschließlich<br />
in die Wahl- und nicht in die Regelleistungen fließen.<br />
Zudem würden GKV-Versicherte mit ihren Zwangsbeiträgen angebotene<br />
Wahlleistungen mitfinanzieren, die sie selbst nicht wollen. Um<br />
dies zu vermeiden, müsste eine PKV-Abteilung in die GKV eingegliedert<br />
werden. Dies hätte jedoch keinen erkennbaren Nutzen, denn<br />
eine PKV gibt es bereits.<br />
Ein weiterer Aspekt ist die Kostenerstattung. Sie ist sinnvoll für<br />
einen privat Versicherten, der für eine Leistung einen Preis zahlt. Sind<br />
seine Kosten tatsächlich geringer und stellt er das z.B. am 30. November<br />
fest, besteht für ihn die Möglichkeit, die Kosten im Dezember<br />
selbst zu tragen und sich am Ende des <strong>Jahre</strong>s das Äquivalent<br />
von ein oder zwei Monatsbeiträgen erstatten zu lassen. In der PKV<br />
ist dies das gute Recht jedes Versicherten. In der GKV benötigt man<br />
jedoch die starken Schultern, um die Schwächeren zu entlasten.<br />
Entlastet man jedoch die starken Schultern, d.h. die »guten Risiken«,<br />
wie die Jungen, die Gesunden, die Männer und die Alleinstehenden,<br />
z.B. durch Beitragsrückerstattung, so muss der allgemeine<br />
Beitragssatz für alle angehoben werden. Bei der Kostenerstattung<br />
sind drei Effekte relevant:<br />
1. Der Informationseffekt – Tatsächlich sind die Kostenerstattungsversicherten<br />
etwas besser informiert als die anderweitig Versicherten.<br />
2. Die Kontrollfunktion der kassenärztlichen Vereinigung – Die<br />
Kontrollfunktion der kassenzahnärztlichen Vereinigung wird im<br />
Übrigen regelmäßig unterlaufen.<br />
3. Die unvollständige Kostenrückerstattung – Im Regelfall bekommt<br />
der Versicherte nicht den kompletten Betrag zurückerstattet.<br />
In der Praxis entarten diese Systeme. Es entsteht eine<br />
variable Form der Zuzahlung, berechnet nach der finanziellen<br />
Leistungsfähigkeit der Versicherten.<br />
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass unser Kompass,<br />
der Kompass der GKV, eine einfache Beurteilung solcher Vorschläge<br />
ermöglicht:<br />
1. Wettbewerb bietet Chancen – Einzelne Ausformungen des Wettbewerbs<br />
konterkarieren allerdings die sozialpolitischen Ziele der<br />
GKV.<br />
202 203<br />
Fazit<br />
Zukunft des Gesundheitswesens: Angebotsorientierte<br />
Marktwirtschaft oder bedarfsorientierte Steuerung?<br />
2. Preissteuerung sollte ausschließlich dort zum Einsatz kommen,<br />
wo homogene Krankheitsbilder vorhanden sind. Das ist z.B. im<br />
<strong>Kranke</strong>nhausbereich der Fall. In der <strong>Psychiatrie</strong> hingegen muss<br />
der Beweis erst noch erbracht werden. Der Gesetzgeber war dort<br />
bekanntlich sehr vorsichtig.<br />
3. Preise steuern vor allem auf der Leistungserbringerebene, und<br />
zwar drastisch. All diejenigen, die sich z.B. für Honorierungsschemata<br />
im <strong>Kranke</strong>nhaus und im ambulanten Bereich eingesetzt<br />
haben, tragen eine hohe Verantwortung, wenn derartige<br />
Veränderungen die Rahmenbedingungen steuern.<br />
Wird die Marktsteuerung als Alternative betrachtet, so kommt man<br />
zu dem Ergebnis, dass dieser Weg zu Verteuerung und zu weniger<br />
Effizienz führen würde. Die Realität in den Ländern, die diesen Weg<br />
bereits beschritten haben, belegt weder geringere Gesundheitsausgaben,<br />
noch effizientere Strukturen, noch notwendigerweise höhere<br />
Qualität. Eher trifft das Gegenteil zu. Diese vielfach dokumentierten<br />
Erkenntnisse sollten uns leiten, wenn wir über zukünftige<br />
Formen der Steuerung – insbesondere aber auch der Finanzierung<br />
– der psychiatrischen Versorgung in Deutschland reden.