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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Charlotte Köttgen<br />

� auf dem Hintergrund vorliegender Erfahrungen beider Bereiche<br />

zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang in Hamburg Plätze<br />

zur Unterbringung nach dem PsychKG bzw. nach § 1631 b BGB<br />

geschaffen werden sollten und,<br />

� der Ausbau ambulanter psychiatrischer Versorgung zur Reduzierung<br />

stationärer Behandlung beitragen kann.<br />

Und hier trennen sich die Geister: Während die Vertreterinnen und<br />

Vertreter der Jugendpsychiatrie den Ausbau stationärer Plätze fordern,<br />

empfiehlt die Jugendhilfe Krisenplätze, die nur bei Fremd- und Eigengefährdung<br />

(gemäß PsychKG) geschlossen, sonst offen sein sollen<br />

sowie eine klare und verbindliche Einbeziehung der Jugendpsychiatrie<br />

in die Pflichtversorgung der Stadt. Sie fordert die gleichrangige Kooperation<br />

mit der Jugendhilfe und anderen psychosozialen Diensten<br />

und eine verbindliche regionale Versorgungsverantwortung. In dem<br />

sehr umfassenden Auftrag der Kommission wurde u.a. folgenden<br />

Fragen nachgegangen (BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSE-<br />

STADT HAMBURG 2000, S. <strong>25</strong>3):<br />

� Wie ist die jugendstrafrechtliche Praxis, insbesondere die Praxis<br />

der Diversion und der freiheitsentziehenden Sanktionen zu<br />

bewerten?<br />

� Wie sind die Mängel in den Strukturen und der Ausstattung der<br />

Jugendhilfe zu bewerten?<br />

Schließlich werden für eine »Kultur des Aufwachsens« viele Besserungsvorschläge<br />

gemacht.<br />

Bei der Frage nach Gewalt und Kriminalität landet die Kommission<br />

– fast zwangsläufig – bei sozialen und gesellschaftlichen<br />

Problemen wie Gewalt in der Familie, Armut, Arbeitslosigkeit, Folgen<br />

der Migration usw., die nicht mit Mitteln geschlossener Unterbringung<br />

zu beantworten sind. Diese Forderungen gehen in Richtung<br />

� Verbesserung der Chance auf <strong>Teil</strong>habe in nahezu allen Lebensbereichen,<br />

� Verbesserung auch der offenen Jugendarbeit und der Hilfen zur<br />

Erziehung.<br />

Die Kommission stellt fest, dass sich durch die im § 35 a KJHG/SGB<br />

V<strong>II</strong>I formulierte Zuständigkeit der Jugendhilfe für seelisch Behin-<br />

Erfahrungen mit der Frage nach der geschlossenen<br />

Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Hamburg<br />

170 171<br />

derte oder von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und<br />

Jugendliche und die daraus folgende notwendige Zusammenarbeit<br />

von Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie vielseitige (Behandlungs-)<br />

Möglichkeiten eröffnen: »Die Kinder- und Jugendpsychiatrie muss<br />

den sozialen Kontext der Entstehung, störenden und gestörten Verhaltens<br />

einbeziehen und deshalb auch sozialpädagogische Kompetenz<br />

in Anspruch nehmen. Von der Sozialpädagogik ist andererseits<br />

zu erwarten, dass sie neben belastenden Bedingungen der Lebenssituation<br />

des Kindes oder Jugendlichen auch individuelle (anlagebedingte)<br />

Faktoren berücksichtigt und deshalb psychiatrische<br />

Kompetenz bei der differentialdiagnostischen Klärung und Behandlung<br />

seelischer Störungen in Anspruch nimmt.« (BÜRGERSCHAFT<br />

DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG 2000, S. 202) Es wird<br />

ferner empfohlen, dass Krisenplätze in der Jugendpsychiatrie möglichst<br />

dezentral angeboten werden. Zusätzlich sei ein Ausbau ambulanter<br />

Versorgung erforderlich, sowohl zur Vermeidung stationärer<br />

Aufnahmen als auch zur Begleitung und Unterstützung von<br />

Jugendlichen und deren Betreuern im Anschluss an stationäre Aufenthalte.<br />

(ebd.)<br />

Die lange Geschichte über die geschlossene<br />

Unterbringung in Hamburg<br />

Weil die zehn <strong>Jahre</strong> einer konsequenten Öffnung nachträglich als<br />

durchaus erfolgreich bewertet werden können, sollen hier noch einmal<br />

Leitlinien, Strukturen und Ergebnisse dargestellt werden. 1980<br />

beschließt der Hamburger Senat, Kinder und Jugendliche nicht mehr<br />

unter geschlossenen Bedingungen zu erziehen. Anspruch und Wirklichkeit<br />

der Heim-Reform wurden im Auftrage der Freien und Hansestadt<br />

Hamburg etwa zehn <strong>Jahre</strong> später – also 1989 – untersucht.<br />

Wegen der heftigen Angriffe durch die Presse und Politik, die auch<br />

damals die Gefahr durch die kriminelle Jugend unermüdlich thematisierte,<br />

sollte folgenden Fragen nachgegangen werden:<br />

� »Sind die vormals geschlossen untergebrachten Jugendlichen<br />

durch andere Instanzen – also Jugendstrafvollzug oder eben<br />

Jugendpsychiatrie – aufgefangen worden?<br />

� Ist es zu vermehrten Krankheitszuschreibungen oder vermehrter<br />

Verlagerung auf die Justiz gekommen?« (SCHONE 1991)

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