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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Selbstbezeichnung<br />

Iris Hölling<br />

Die Benennung bzw. die Selbstbezeichnung und -Definition war in<br />

der <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen-Bewegung immer von großer Bedeutung,<br />

da die Betroffenen sich von den Fremdzuschreibungen »psychisch<br />

<strong>Kranke</strong>« oder »PatientInnen« distanzieren und ihre zumeist<br />

kritische Haltung zum psychiatrischen Krankheitsbegriff verdeutlichen<br />

wollten. Selbstbeschreibungen, die Betroffene in Opposition<br />

zu den von der <strong>Psychiatrie</strong> verwendeten Begriffen gebrauchen, sind:<br />

KonsumentInnen (consumers), NutzerInnen (von Einrichtungen),<br />

Überlebende der <strong>Psychiatrie</strong>, <strong>Psychiatrie</strong>-Überlebende, KlientInnen,<br />

<strong>Psychiatrie</strong>-Opfer, Ex-NutzerInnen, Ex-PatientInnen, Ex-InsassInnen,<br />

Verrückte, Irre. Die gebräuchlichsten Begriffe im Deutschen<br />

sind <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffene und <strong>Psychiatrie</strong>-Erfahrene, die häufig<br />

synonym verwendet werden. Der Begriff <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffene betont<br />

jedoch m.E. die Dimension der Gewalterfahrung in der <strong>Psychiatrie</strong>,<br />

wohingegen der Begriff <strong>Psychiatrie</strong>-Erfahrene, der auch vom<br />

Bundesverband <strong>Psychiatrie</strong>-Erfahrener (BPE) benutzt wird, positivere<br />

bzw. neutralere Konnotationen hat.<br />

Nach langen und schwierigen Diskussionen entschieden sowohl<br />

ENUSP als auch WNUSP (World Network of Users and Survivors of<br />

Psychiatry), die Begriffe (Ex-)NutzerInnen und Überlebende der<br />

<strong>Psychiatrie</strong> zu verwenden, um den verschiedenen Gruppen und<br />

Positionen, die in diesen internationalen Nicht-Regierungsorganisationen<br />

repräsentiert sind, eine Identifikationsmöglichkeit zu<br />

bieten. Diejenigen, die sich als Überlebende der <strong>Psychiatrie</strong> verstehen,<br />

vertreten meistens eine antipsychiatrische Haltung, die eine radikale<br />

Kritik des psychiatrischen Systems impliziert. Diejenigen, die<br />

sich als NutzerInnen der <strong>Psychiatrie</strong> oder des psychiatrischen Versorgungssystems<br />

verstehen, streben eher eine <strong>Psychiatrie</strong>-Reform an<br />

und haben manchmal sogar psychiatrische Einrichtungen als hilfreich<br />

erlebt. In diesen verschiedenen Selbstbezeichnungen, mit denen<br />

sich <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffene identifizieren, spiegeln sich schon<br />

einige der unterschiedlichen Positionen wider, die innerhalb der<br />

Betroffenen-Bewegung vertreten werden.<br />

Über die Unmöglichkeit der <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen-Position<br />

Das European Network of (ex-)Users and Survivors of Psychiatry<br />

(ENUSP) – Das Europäische Netzwerk von (Ex-)NutzerInnen und<br />

Überlebenden der <strong>Psychiatrie</strong><br />

<strong>25</strong>6 <strong>25</strong>7<br />

Die Geschichte und die Ziele des ENUSP werden vorgestellt, um<br />

einen Überblick über die wichtigste europäische Nicht-Regierungsorganisation<br />

von <strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen zu geben. ENUSP wurde<br />

im Oktober 1991 in Zandvoort in den Niederlanden gegründet. Dort<br />

versammelten sich 42 VertreterInnen aus 16 europäischen Ländern<br />

zur Gründungskonferenz.<br />

»ENUSP ist ein Versuch, (Ex-)NutzerInnen und Überlebenden<br />

der <strong>Psychiatrie</strong> eine Möglichkeit zu geben, zu kommunizieren, Meinungen,<br />

Ansichten und Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig<br />

in dem persönlichen, politischen und sozialen Kampf gegen<br />

Ausschlüsse, Ungerechtigkeit und Stigma in unseren jeweiligen<br />

Ländern zu unterstützen. Das Netzwerk zielt darauf, Institutionen,<br />

die auf einer europäischen Ebene Politik machen oder gestalten, zu<br />

beeinflussen, wobei es sich auf Gesetzgebung und Menschenrechtsangelegenheiten,<br />

die Entmedikalisierung der <strong>Psychiatrie</strong> und die<br />

Unterstützung von Alternativen zur <strong>Psychiatrie</strong> konzentriert.« (3)<br />

Alle zwei <strong>Jahre</strong> treffen sich Delegierte der Mitgliedsorganisationen,<br />

die ENUSP in mehr als 40 europäischen Ländern hat, zu<br />

einer Konferenz, bei der die Politik, Ziele und Aufgaben für die<br />

nächste Zeit bestimmt werden. An der zweiten ENUSP Konferenz<br />

im Mai 1994 in Elsinore in Dänemark nahmen 70 Personen aus <strong>25</strong><br />

Ländern teil. Die dritte Konferenz, die im Januar 1997 in Reading,<br />

England, stattfand, hatte 110 <strong>Teil</strong>nehmerInnen aus 40 Ländern. Bei<br />

der vierten Konferenz in Luxemburg im Januar 1999 wurde ENUSP<br />

formal als Vereinigung nach dem niederländischen Recht gegründet.<br />

Die nächste Konferenz soll im November 2001 in Slowenien<br />

stattfinden. Mitglieder von ENUSP sind nationale oder regionale<br />

<strong>Psychiatrie</strong>-Betroffenen-Organisationen. In Ländern, in denen keine<br />

nationalen/regionalen Organisationen existieren, können lokale<br />

Gruppen oder Einzelpersonen Mitglieder werden. Bei der Mitgliederversammlung,<br />

die während der zweijährlichen Konferenzen stattfindet,<br />

wird ein Vorstand gewählt, der aus der/dem Vorsitzenden und<br />

der/dem Ko-Vorsitzenden und VertreterInnen der fünf Regionen, in<br />

die ENUSP aufgeteilt ist, besteht. Das folgende Zitat aus ENUSPs<br />

Satzung illustriert die Hauptziele des Netzwerks:

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