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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Boris Poloshij und Irina Saposhnikowa<br />

bereich in Subsektoren unterteilt ist, für die bestimmte Fachärztinnen<br />

und -ärzte zuständig sind. Alle regionalen Dienste unterstehen<br />

der Aufsicht des zentralen Gesundheitsministeriums der russischen<br />

Föderation.<br />

Russland verfügt derzeit über 13.957 Fachärztinnen und -ärzte<br />

für <strong>Psychiatrie</strong> (0,95 pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner).<br />

Davon arbeiten 7.947 (0,54 pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner)<br />

in den Ambulatorien. Allerdings sind sie ungleichmäßig<br />

über das Land verteilt. In der Republik Ingushetien beträgt die Quote<br />

0,23 pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner, während die<br />

höchste Versorgungsdicht in Moskau mit 2,27 pro 10.000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohner besteht. In 29 % aller Regionen ist die<br />

Psychiaterinnendichte höher und in 68 % niedriger als im nationalen<br />

Durchschnitt. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie kommt 1<br />

Psychiater/in auf 15.000 Personen, in der Psychotherapie sind es<br />

1:75.000.<br />

158 Dispensaires sind eigenständig organisiert, während 2.190<br />

Ambulatorien <strong>Teil</strong> psychiatrischer <strong>Kranke</strong>nhäuser sind. Es gibt insgesamt<br />

279 psychiatrische Fachkrankenhäuser (Anstalten) mit zusammen<br />

182.906 Betten, ca. 170.000 für erwachsene psychisch<br />

<strong>Kranke</strong> (93 %) und ca. 11.000 für Kinder (ca. 6 %). 2.064 Betten<br />

(ca. 1,1 %) sind für die Psychosomatik ausgewiesen. Im Durchschnitt<br />

verfügen psychiatrische Fachkrankenhäuser daher über ca. 700 Betten.<br />

Auch diese sind regional sehr unterschiedlich verteilt. Die Republik<br />

Altai hat lediglich eine Bettenmessziffer von 0,45 ‰, während<br />

das Kostroma Territorium 2,58 ‰ aufweist. Die mittlere<br />

Bettenmessziffer in Gesamtrussland liegt derzeit bei 1,<strong>25</strong> ‰ . Tagesklinikplätze<br />

existieren insgesamt 12.532, was einer Messziffer von<br />

0,06 ‰ entspricht.<br />

In Russland gibt es von der allgemeinen <strong>Psychiatrie</strong> unabhängige<br />

narkologische Einrichtungen und Dienste (Alkohol und Drogen)<br />

mit insgesamt elf großen, über das Land verteilten Fachkliniken<br />

sowie 169 Ambulatorien. Darüber hinaus existieren 183 Dienste,<br />

die ambulant auf anonymer Basis organisiert sind. Daneben gibt es<br />

noch 85 Einrichtungen, die einen präventiven Ansatz verfolgen. In<br />

insgesamt 270 Diensten stehen auch medizinische Fachkräfte zur<br />

Verfügung. Auf die Behandlung von Drogen- und Alkoholmissbrauch<br />

spezialisierte Ärztinnen und Ärzte gibt es 0,5 pro 10.000 der<br />

Bevölkerung, mit einem Minimum von 0,1 pro 10.000 in der Re-<br />

Die <strong>Psychiatrie</strong>-Reform in Russland<br />

publik Ingushetien und einem Maximum von 1,3 pro 10.000 in der<br />

Region Magana.<br />

Die psychiatrischen Dispensaires – die Situation in Moskau<br />

310 311<br />

Das Ambulatorium, in dem eine der Autorinnen und Autoren (I.S.)<br />

arbeitet, wurde 1929 als Ambulanz eines Psychiatrischen Fachkrankenhauses<br />

gegründet. 1976 wurde es vom <strong>Kranke</strong>nhaus unabhängig<br />

und bekam ein Einzugsgebiet von 700.000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohner zugeordnet. Im Folgenden werden einige Arbeitsaspekte<br />

dieser Institution beschrieben.<br />

Alle Dispensaires in Moskau haben von morgens 8.00 Uhr bis<br />

abends 20.00 Uhr geöffnet. Jede/jeder Psychiaterin/Psychiater arbeitet<br />

zusammen mit einer <strong>Kranke</strong>nschwester oder -pfleger und versorgt<br />

einen bestimmten Distrikt von in der Regel <strong>25</strong>.000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern. Sie bzw. er betreut dem entsprechend<br />

500 – 600 psychisch <strong>Kranke</strong>. Die Beratungszeit pro Tag beträgt fünf<br />

bis fünfeinhalb Stunden, zusätzlich werden ein bis zwei Hausbesuche<br />

bei Patientinnen und Patienten gemacht (auf Anforderung oder<br />

nach Gutdünken der/des Psychiaterin/Psychiaters). Im Dispensaire<br />

haben sich eine Reihe alt hergebrachter Regeln erhalten. Im Erwachsenenbereich<br />

bedeutet dies, pro Stunde werden vier Patientinnen<br />

und Patienten behandelt, während in der Kinderabteilung lediglich<br />

2,5 Patientinnenkonsultationen in der Stunde stattfinden.<br />

Verantwortlich für die Einhaltung dieser Regeln ist die Leiterin bzw.<br />

der Leiter des Ambulatoriums. Aber auch die Fachärztinnen und<br />

-ärzte selbst sind dafür verantwortlich, dass die Anzahl der behandelten<br />

Patientinnen und Patienten nicht zurückgeht, dass jede bekannte<br />

Patientin oder jeder Patient mindestens fünfmal im Jahr gesehen/untersucht<br />

wird und, dass sie bzw. er die notwendigen<br />

medizinischen und sozialen Hilfen erhält. Falls dies nicht geschieht,<br />

hat dies Rückwirkungen auf die Finanzierung der Einrichtung.<br />

Erwähnt werden soll noch, dass erwachsene und heranwachsende<br />

Patientinnen und Patienten ins Ambulatorium kommen, während<br />

Kinder in den Räumen der Kinderpolikliniken gesehen werden. Für<br />

die in den Dispensaires tätigen Psychologinnen und Psychologen<br />

existieren keine vergleichbaren Vorschriften, sodass die Anzahl der<br />

von ihnen untersuchten bzw. behandelten Kinder sehr variiert.<br />

Die große Anzahl der in den Ambulatorien zu betreuenden Pa-

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