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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Wer ist für die geschlossene Unterbringung von<br />

Kindern und Jugendlichen zuständig? –<br />

Eine Problemfeldbeschreibung<br />

Joachim Jungmann<br />

Begriffsbestimmung<br />

»Geschlossene Unterbringung« bei Kindern und Jugendlichen meint<br />

die Anwendung von freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden<br />

Maßnahmen. Zu unterscheiden sind:<br />

� Die zivilrechtliche Unterbringung im Sinne einer Fürsorgemaßnahme,<br />

die in den §§ 1906 (für Volljährige) und 1631 b BGB<br />

bzw. in den §§ 70 FGG bzw. 42 KJHG Abs. 3, Satz 2 (SGB V<strong>II</strong>I)<br />

festgelegt ist. Bei dieser Form der Unterbringung handelt es sich<br />

um eine Genehmigung des Familiengerichts zur Anwendung freiheitsbeschränkender<br />

oder freiheitsentziehender Maßnahmen.<br />

� Die öffentlich-rechtliche Unterbringung (nach den <strong>Kranke</strong>nhausgesetzen/Unterbringungsgesetzen<br />

der Länder).<br />

� Die Verhängung freiheitsentziehender Maßnahmen im Zusammenhang<br />

mit der Aufgabenstellung des Maßregelvollzuges, bei<br />

welchem psychisch kranke Rechtsbrecher anstelle einer Strafverbüßung<br />

in der Justizvollzugsanstalt einer psychiatrischen Behandlung<br />

unter geschlossenen Bedingungen zugeführt werden<br />

(§§ 63 und 64 StGB bzw. § 7 JGG sowie zur entsprechenden Begutachtung<br />

auf Anordnung der Justiz nach § 81 bzw. § 126 a<br />

STOP).<br />

Zuständigkeit<br />

Bereits aus den vorgenannten Definitionen ergeben sich Hinweise<br />

auf eine unterschiedliche Zuständigkeit bei der Anwendung freiheitsbeschränkender<br />

und -entziehender Maßnahmen. Ein Tätigwerden<br />

der Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, die ein <strong>Teil</strong>gebiet<br />

der Medizin ist, kann nur im Zusammenhang mit der Abklärung<br />

oder Behandlung einer Erkrankung, genauer einer psychischen<br />

Erkrankung, erfolgen. Für die Zuständigkeit der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

ergeben sich folgende drei Indikationsbereiche.<br />

Wer ist für die geschlossene Unterbringung von Kindern<br />

und Jugendlichen zuständig? Eine Problemfeldbeschreibung<br />

Behandlung bei krankheitsbedingtem Verlust der Ich-Steuerung<br />

in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie<br />

158 159<br />

Schwerpunkt kinder- und jugendpsychiatrischer Diagnostik und<br />

Therapie ist die ambulante Behandlung. Nur in den Fällen, in denen<br />

diese aufgrund der Schwere des Krankheitsbildes oder das<br />

Krankheitsbild aufrechterhaltender psychosozialer Bedingungen<br />

nicht aussichtsreich erscheint, ist die <strong>Kranke</strong>nhausbehandlung eines<br />

psychisch kranken Kindes oder Jugendlichen zu erwägen, um<br />

die notwendige Behandlung zumindest zeitweilig innerhalb eines<br />

klinischen Schonraumes durchzuführen. Auch die Klinikbehandlung<br />

geschieht in der Mehrzahl der Fälle mit Zustimmung oder zumindest<br />

mit Duldung des Kindes, das dem Willen von Eltern/Sorgeberechtigten<br />

folgt. Kinder und Jugendliche, die in eine Klinik für<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie aufgenommen<br />

werden, leiden an schwerwiegenden psychischen Störungen, die<br />

ihren Entwicklungsprozess tiefgreifend gefährden. Häufig treten<br />

diese Erkrankungen in Form gravierender Störungen der sozialen<br />

Interaktion in Erscheinung. Bei psychischen Erkrankungen, die zu<br />

einer Krisenintervention unter stationären Bedingungen führen,<br />

kann es zu einem längerdauernden, nicht nur vorübergehenden<br />

Verlust der Ich-Steuerung, der Realitätsorientierung und der Fähigkeit<br />

altersentsprechende Eigenverantwortlichkeit wahrzunehmen,<br />

kommen. Aufgrund der zeitweise bestehenden Hilflosigkeit hat der<br />

erkrankte Mensch Anspruch auf Maßnahmen zur Sicherung seiner<br />

persönlichen Interessen und zur Vermeidung von sich selbst oder/<br />

und andere massiv schädigenden Verhaltensweisen. Die einschlägige<br />

Gesetzgebung sieht vor, dass eine Behandlung vorübergehend<br />

auch gegen den Willen des <strong>Kranke</strong>n erfolgen muss. Diagnostik und<br />

Therapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie erfolgen stets unter<br />

Beachtung der Verantwortung und Rechte der Kinder und Jugendlichen<br />

und ihrer Eltern/Sorgeberechtigten. Die Achtung der Würde<br />

und Selbstbestimmung der kranken Kinder und Jugendlichen und<br />

ihrer Sorgeberechtigten ist Voraussetzung jeder Behandlung. Das gilt<br />

auch und besonders für den Umgang mit Krisensituationen, in denen<br />

Maßnahmen zur Anwendung kommen, die zeitweise die Freiheit<br />

des Kindes/Jugendlichen einschränken. Zwischen dem therapeutisch-pädagogischen<br />

Team, dem betroffenen jungen Menschen<br />

und den Sorgeberechtigten/Eltern müssen Interventionsstrategien

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