"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Fazit<br />
Arnd Schwendy Wen hat die <strong>Psychiatrie</strong>-Reform vergessen, verdrängt, verschoben...?<br />
des DRK nur in dem Umfang begleitet, wie sie das individuell<br />
akzeptieren können. Der Erfolg dieser »Hotel Plus«-Angebote<br />
ist so durchschlagend, dass demnächst ein drittes Haus in Betrieb<br />
genommen wird.<br />
12. Aufbau eines sozialmedizinischen mobilen Dienstes am Gesundheitsamt.<br />
Dieser wird – als Modell – finanziert von der Kassenärztlichen<br />
Vereinigung Nordrhein bzw. dem Sozialamt, falls keine<br />
Ansprüche an die <strong>Kranke</strong>nversicherungen bestehen. Dieser<br />
Dienst macht mittels einer fahrbaren Ambulanz regelmäßig<br />
Sprechstunden dort, wo die Menschen sich auf der Straße treffen<br />
bzw. in bestimmten Beratungsstellen. Im Vordergrund steht<br />
die Behandlung körperlicher Leiden.<br />
13. Integration einer <strong>Kranke</strong>nwohnung in ein Wohnprojekt für allein<br />
stehende Wohnungslose. Es ist gedacht u.a. für die Nachsorge<br />
nach stationären <strong>Kranke</strong>nhausaufenthalten bzw. der niedrigschwelligen<br />
Motivation dazu.<br />
14. Im Rahmen der Gesundheitskonferenz wurde mit Vertreterinnen<br />
und Vertretern der <strong>Kranke</strong>nhäuser und der <strong>Kranke</strong>nkassen<br />
eine Arbeitsgruppe installiert, um die Akzeptanz von Patientinnen<br />
zu vergrößern. Hier werden verschiedenste Lösungsansätze<br />
noch diskutiert.<br />
15. Einführung einer entlassungsvorbereitenden Hilfeplanung zwischen<br />
Stadt und den an der Pflichtversorgung beteiligten Fachkrankenhäusern<br />
in Köln. Diese hat das Ziel zu vermeiden, dass<br />
Patientinnen und Patienten unkoordiniert und unbetreut in die<br />
Obdachlosigkeit hineingelassen werden, was immer wieder kritisiert<br />
werden musste.<br />
Der aus sozial- und ordnungspolitischen Erwägungen erforderliche<br />
Ausbau der Hilfen für Menschen auf der Straße hat zwei Aspekte:<br />
� Er verbessert das Hilfsangebot für psychisch <strong>Kranke</strong>, die – aus<br />
welchen Gründen auch immer – im primär zuständigen sozialpsychiatrischen<br />
System nicht zurechtkommen.<br />
� Er entlastet dieses primäre System aber auch.<br />
Zurzeit arbeiten wir daran, dass die beiden Systeme besser miteinander<br />
verzahnt werden, ohne dass dies zur Folge hat, dass sich die<br />
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Dienste unliebsame Patientinnen und Patienten gegenseitig zur jeweiligen<br />
Entlastung zuschieben. Wir wollen dabei außerdem vermeiden,<br />
dass die sehr pragmatisch und zupackend arbeitenden Dienste<br />
der Wohnungslosenhilfe eine sozialpsychiatrische Identität annehmen,<br />
weil dies zur Folge haben könnte, dass Personen, die sich nicht<br />
als psychiatrisch hilfebedürftig definieren, wiederum ausgegrenzt<br />
würden. Psychiatrische Interventionen in diesem Bereich müssen<br />
mit großer Zurückhaltung erfolgen. Wir haben uns mit den Trägern<br />
darauf geeinigt, dass die von ihnen selbst beklagte mangelnde sozialpsychiatrische<br />
Fachkompetenz zunächst wohl am einfachsten durch<br />
Fortsetzung der Fortbildungen und durch die Besetzung freier Stellen<br />
durch psychiatrieerfahrenes Personal – ideal wären sozialpsychiatrische<br />
Pflegekräfte – ausgeglichen werden soll. Die Alternative<br />
zu der hier geschilderten Strategie der Verstärkung des §-72-Hilfesystems<br />
wäre es gewesen, das in Köln ausgebaute sozialpsychiatrische<br />
System entsprechend zu verstärken. Wir sind diesen Weg bewusst<br />
nicht gegangen, da wir dieses damit überfordert hätten und es als<br />
außerordentlich fragwürdig erschien, ob die sozialpsychiatrische<br />
Vorgehensweise die betroffenen Menschen nicht zusätzlich verschreckt<br />
hätte. Die <strong>Psychiatrie</strong> muss lernen, dass ihre Hilfen oft leichter<br />
zu akzeptieren und damit wirksamer sind, wenn sie verdeckt erfolgen.<br />
Mag sein, dass sich die großen Städte somit auf dem Umweg<br />
über die Hilfen für allein stehende Wohnungslose und Obdachlose<br />
einem indirekt wirkenden gemeindepsychiatrischen Arbeitsansatz<br />
nähern.