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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Über die zentrale Rolle der Hausärztinnen und -ärzte<br />

bei der psychiatrischen Versorgung<br />

Sybille Schreckling<br />

Die Hausärztin und der Hausarzt spielen bei der psychiatrischen<br />

Versorgung eine zentrale Rolle. Das Ausmaß der Kooperation ist im<br />

Wesentlichen durch die Persönlichkeitsstruktur der versorgenden<br />

Ärztinnen und Ärzte bestimmt. So wie die Hausärztin bzw. der Hausarzt<br />

mit dem Bereich <strong>Psychiatrie</strong> und psychische Erkrankungen<br />

umgeht, so fühlt sich die Patientin bzw. der Patient stigmatisiert oder<br />

angenommen. Bedauerlicherweise leiden <strong>Psychiatrie</strong> sowie Psychiaterinnen<br />

und Psychiater bis heute noch unter dem Stigma. Letztlich<br />

ist die Lage der <strong>Psychiatrie</strong> auch ein Spiegel der Gesellschaft.<br />

1989 hat der Bundesgesetzgeber jedoch mit dem § 27/1 SGB V versucht,<br />

die Lage psychisch <strong>Kranke</strong>r zu verbessern und festgeschrieben,<br />

dass den Besonderheiten psychisch <strong>Kranke</strong>r Rechnung zu tragen<br />

sei. Erst seit Januar 2000 ist man diesem Ziel durch die<br />

Einführung des § 37a SGB V »Soziotherapie« (ambulante Rehabilitation)<br />

näher gerückt. Die Richtlinien für die Umsetzung des § 37a<br />

SGB V werden derzeit im Bundesausschuss der Ärzte und <strong>Kranke</strong>nkassen<br />

beraten. Letztlich ist der Umgang mit psychisch <strong>Kranke</strong>n<br />

auch ein gesellschaftliches Problem und man fragt sich, warum erst<br />

Gesetze nötig sind, um diesen zu regeln. Hausärztin und Nervenärztin/Psychiaterin<br />

haben gleichermaßen wichtige Schlüsselpositionen.<br />

Um welche Erkrankungen geht es im Wesentlichen?<br />

Erkrankungsgruppen Diagnosen<br />

psychosomatische Erkrankungen z.B. Ulcus, Asthma, Migräne<br />

Suchterkrankungen z.B. Alkohol, Drogen, Medikamente, polyvalente Sucht<br />

Somatoforme Störungen z.B. chronische Schmerzen<br />

Autonome Funktionsstörungen z.B. Kloßgefühl, Schwindel, u.a.<br />

Essverhaltensstörungen z.B. Anorexie, Bulimie<br />

Schlafstörungen<br />

Abnorme Erlebnisreaktionen z.B. akute Belastungsreaktion<br />

Angst- und Panikstörungen<br />

Zwangserkrankungen<br />

Schwere psychiatrische Erkrankungen z.B. Psychosen<br />

Über die zentrale Rolle der Hausärztinnen und -ärzte<br />

bei der psychiatrischen Versorgung<br />

Erkrankungsgruppen Diagnosen<br />

Gerontopsychiatrische Erkrankungen z.B. Demenzen<br />

Paranoide Psychosen im höheren Lebensalter<br />

Depressionen im höheren Lebensalter<br />

(Abgrenzung Altersdepression von Demenz)<br />

Comorbide Suchterkrankte z.B. Drogen, HIV<br />

88 89<br />

Probleme bestehen immer an den Schnittstellen, hausärztlicher –<br />

fachärztlicher Versorgung und im Bereich der Kooperation. Wünschenswert<br />

ist die Bildung einer Behandlungskette: Hausärztin –<br />

Nervenärztin – Schwerpunktpraxis – Institutsambulanzen – Klinik<br />

– unter Wahrung der freien Arztwahl. Dabei spielt die Einschätzung<br />

der eigenen Fähigkeiten und Achtung der Fähigkeiten der anderen<br />

Kolleginnen und Kollegen eine große Rolle.<br />

Was bedeutet es für die Patientinnen und Patienten?<br />

Zur Fachärztin insbesondere zur Nervenärztin gehen zu müssen<br />

heißt:<br />

� ein Stück Vertrautheit aufgeben,<br />

� es handelt sich um eine schwere Erkrankung,<br />

� durch den Besuch einer Fachärztin habe ich eine Sonderstellung,<br />

� das bedeutet Eingeständnis von Fehlern und Fehlhaltungen,<br />

� das bedeutet unangenehme Auflagen bezüglich Lebensführung,<br />

Aufgaben und Tagesgestaltung auf sich zu nehmen.<br />

Patientinnen sind wie Gesunde auch einem Ausweichverhalten eher<br />

zugetan. Dabei sind Hausärztin und Nervenärztin gleichermaßen<br />

für die Motivationsarbeit. Folgende Probleme treten bei Hausärztinnen-<br />

und Nervenärztinnenbehandlungen z.B. auf:<br />

� Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />

(z.B. bei laufenden Trainingsmaßnahmen oder Tagesstättenmaßnahmen,<br />

d.h. wenn Anforderungen an die Patientinnen und<br />

Patienten gestellt werden)<br />

� Tranquilizer und Hypnotikaverordnung auf Wunsch<br />

Die Annäherung der Schnittstellen von der rein medizinischen zur<br />

sozialmedizinischen Behandlung und Rehabilitation erfordert so-

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