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"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.

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Eckhard Sundermann<br />

erst möglich machen und eine niedrigschwellige Zugangsmöglichkeit<br />

in Form von Kontaktstellen schaffen.<br />

Gerade für chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke<br />

sind personenbezogene Ansätze zu forcieren, die die versäulten,<br />

institutionsbezogenen Hilfesysteme mittels verbindlicher Kooperation<br />

zu einer ressourcenorientierten, aufeinander abgestimmten<br />

Hilfeerbringung veranlassen. Besonders zu nennen sind die enge<br />

Zusammenarbeit zwischen Suchtkrankenhilfe und Drogenhilfe,<br />

Wohnungslosenhilfe und Betreuungswesen, aber auch Medizin, hier<br />

vor allem die niedrigschwelligen stationären qualifizierten Entgiftungsstationen.<br />

Die dafür notwendigen Methoden stehen zur Verfügung.<br />

Zum einen eine konsequente integrierte Hilfeplanung mit<br />

verbindlichen Aufgabenzuweisungen und zum anderen ein Case Management<br />

zur Anbindung der Klientinnen und Klienten an das Hilfesystem<br />

und zur Koordination und Kontrolle der verschiedenen Hilfeerbringungen.<br />

Auf dieser Basis hat der weitere Ausbau und eine<br />

notwendige Differenzierung der Hilfeangebote zu erfolgen, dies auf<br />

den von der Expertenkommission 1988 benannten Ebenen: Behandlung,<br />

Pflege, Rehabilitation, Wohnen, Arbeit, Kontaktstiftung, <strong>Teil</strong>habe<br />

am Leben in der Gesellschaft.<br />

Die gerade in der Suchtkrankenhilfe traditionell sehr gut ausgebaute<br />

Selbsthilfe ist dabei zu unterstützen, sich auch den chronisch<br />

mehrfach beeinträchtigten Abhängigkeitskranken zuzuwenden.<br />

Dabei ist aber die Selbstbestimmung und Eigenständigkeit der<br />

Selbsthilfegruppen unbedingt zu beachten.<br />

Die politische Verantwortung für die Daseinsvorsorge aller Bürgerinnen<br />

und Bürger – tragender Grundsatz der kommunalen<br />

Selbstverwaltung – ist mit Vehemenz gerade für chronisch mehrfach<br />

beeinträchtigte abhängigkeitskranke Bürgerinnen und Bürger einzufordern.<br />

Nur mit einem eindeutigen Ja der politischen Entscheidungsträger<br />

kann es gelingen, angemessene gemeindeintegrierte<br />

Hilfeangebote zu entwickeln und damit auch den chronisch mehrfach<br />

beeinträchtigten abhängigkeitskranken Bürgerinnen und Bürger<br />

die Integration in die Gemeinde und ein Leben in Zufriedenheit<br />

zu ermöglichen.<br />

Angebotsorientierte Marktwirtschaft<br />

oder bedarfsorientierte Steuerung<br />

Einleitung<br />

Peter Kruckenberg<br />

192 193<br />

Der Titel »Angebotsorientierte Marktwirtschaft oder bedarfsorientierte<br />

Steuerung« stellt die Frage, ob die Steuerung des Gesundheitswesens<br />

ganz auf der Linie aktueller neoliberaler gesundheitsökonomischer<br />

Trends im Sinne von zunehmender Deregulierung,<br />

Wettbewerb, Wahlfreiheit, Ausbau von Selbstbeteiligung u.a. wirksam<br />

erfolgen kann oder ob nicht doch oder sogar vermehrt bedarfsorientierte,<br />

»regulierende« Steuerung erforderlich ist.<br />

Die Erfahrungen der <strong>Psychiatrie</strong> sind, dass angebortsorientierte<br />

Leistungserbringung ohne verbindlich kontrollierte regionale Versorgungsverpflichtung<br />

sowohl im ambulanten wie im stationären<br />

Bereich dazu führen, dass leichter psychisch kranke Menschen (eher<br />

zu) aufwändig, dagegen schwerer oder chronisch <strong>Kranke</strong> notdürftig<br />

oder gar nicht versorgt werden und dass im »gedeckelten« Wettbewerb<br />

die Benachteiligung psychisch <strong>Kranke</strong>r gegenüber somatisch<br />

<strong>Kranke</strong>n wieder zunimmt.<br />

Martin Pfaff liefert einen theoretischen Diskurs über widersprüchliche<br />

gesundheitsökonomische Positionen. Ausgehend von<br />

dem »einfachen Kompass« für ein soziales Sicherungssystem, der<br />

Verbindung von Bedarfsprinzip und Solidaritätsprinzip, kommt er<br />

zu dem Ergebnis, dass ungesteuerte Marktmechanismen, die diesen<br />

Kompass verlieren, zu Verteuerung und weniger Effizienz führen,<br />

wie in anderen Ländern zu beobachten ist.<br />

Gerd Glaeske veranschaulicht, dass die medizinische Versorgung<br />

kein »normales Markgeschehen« widerspiegelt. Er verdeutlicht, dass<br />

Markmechanismen im medizinischen Versorgungssystem entgegen<br />

dem Wirtschaftlichkeitsgebot der GKV zu Fehlsteuerung führen und<br />

fordert Leitlinien und Qualitätssicherungsstrategien sowie pauschalierende<br />

Entgeltsysteme, um zu einem bedarfsorientierten Wettbewerb<br />

mit »Effektivität und Effizienz« zu kommen.

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