"25 Jahre Psychiatrie-Enquete" Teil II - Aktion Psychisch Kranke e.V.
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Peter Kruckenberg<br />
überprüfbaren, aber zugleich ausreichend allgemeinen Richtlinien<br />
verbunden sein (s. Abb. 6). Hierzu einige Stichworte in kurzer beispielhafter<br />
Erläuterung:<br />
� Eine qualitätsfördernde Funktion hätte z.B. die verpflichtende Vorgabe,<br />
die neuen soziotherapeutischen Hilfen nach § 37a SGB V<br />
an die Planung und Begleitung integrierter Behandlungs- und<br />
Rehabilitationsprogramme, d.h. an Komplexleistungsprogramme<br />
unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes zu binden und<br />
diese Vorschrift bei den gebotenen Verlaufsbegutachtungen zu<br />
berücksichtigen.<br />
� Bedarfsbezogen wäre eine Verknüpfung der stationären, teilstationären<br />
und ambulanten Krisenintervention derart, dass die<br />
ambulante Krisenintervention rund um die Uhr mit ausreichendem<br />
Zeitkontingent zur Verhinderung oder Verkürzung stationärer<br />
Behandlung im Rahmen der Institutsambulanz finanziert<br />
würde, wie das in erster Annäherung in Bayern geschieht.<br />
� Finanzierungen müssen leistungsbezogen sein, d.h. Quartalspauschalen<br />
im ambulanten Bereich noch dazu bei sehr unterschiedlichem<br />
Hilfebedarf der Klientel machen wenig Sinn.<br />
� Flexibilitätsfördernde ökonomische Anreize wären gegeben, wenn<br />
die Stufen zwischen ambulanter Behandlung einerseits und teilstationärer<br />
und vollstationärer Behandlung andererseits nicht so<br />
grotesk ausgeprägt wären, derart, dass die durchschnittliche<br />
Institutsambulanzpauschale etwa ein Fünfzigstel des stationären<br />
Pflegesatzes ausmacht, wo man doch davon ausgehen muss,<br />
dass die Bedarfe an Behandlungsintensität kontinuierlich verteilt<br />
sind. Notwendige Folge ist ein Nebeneinander von Überund<br />
Unterversorgung.<br />
� Bei der Gestaltung ökonomischer Anreize ist zu beachten, dass<br />
kurzzeitige Einsparungen fatale Langzeitwirkungen im Sinne von<br />
Chronifizierung haben können und dass Investitionen zur Strukturverbesserung<br />
effizienzsteigernd sein können. Das betrifft z.B.<br />
investive Maßnahmen, die an Stelle der Sanierung von stationären<br />
gemeindefernen Großeinrichtungen ambulanzbetonte<br />
regionale Versorgungsnetze ermöglichen.<br />
� Kostenminimierend können Anreize zum Abbau von Überversorgung<br />
in bestimmten Bereichen sein, z.B. wenn im Rahmen<br />
regionaler Budgets eines Leistungsträgers die Unterschreitung<br />
von Leistungszahlen mit einer für den Leistungserbringer Ge-<br />
Angebotsorientierte Marktwirtschaft oder bedarfsorientierte Steuerung<br />
bei der Erbringung personenzentrierter Komplexleistungsprogramme<br />
Ökonomische Anreize für die Steuerung von Komplexleistungsprogrammen<br />
im Gemeindepsychiatrischen Verbund<br />
müssen<br />
� qualitätsfördernd<br />
� bedarfsbezogen<br />
� leistungsbezogen<br />
� flexibilitätsfördernd<br />
� langzeitwirkend<br />
� kostenminimierend<br />
sein.<br />
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Abb. 6: Gewünschte Wirkungen ökonomischer Anreize zur Steuerung von<br />
Komplexleistungsprogrammen<br />
winn bringenden Ausgleichszahlung verbunden ist, aber im Folgejahr<br />
zur Budgetsenkung führt.<br />
Es gibt viele Möglichkeiten zur Verbesserung der ökonomischen<br />
Steuerungsmechanismen. Vorrangig ist aus unserer Sicht jedoch, das<br />
System endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen, d.h. von leistungsrechtlich<br />
und gewohnheitsmäßig begünstigten institutionszentrierten<br />
und zumeist stationären Angeboten auf die Implementation und<br />
Steuerung von Komplexleistungsprogrammen und zwar unter Rahmenbedingungen,<br />
die eine effiziente ambulante Leistungserbringung<br />
begünstigen.<br />
Durch Kumulation der für die einzelnen Komplexleistungsprogramme<br />
notwendigen Mittel in einer Versorgungsregion ergibt<br />
sich, je Leistungsträger und insgesamt, wenn man will, das hierfür<br />
notwendige regionale Budget. Dieses kann nicht allein auf diesem<br />
Wege, – d.h. »von unten« – festgelegt werden. Denn die für die Versorgung<br />
schwer und chronisch psychisch <strong>Kranke</strong>n insgesamt aufzubringenden<br />
Mittel sind nicht zuletzt auch davon abhängig, wie<br />
viel die Gesellschaft für diese Gruppe aufzubringen bereit ist, d.h.<br />
das Budget ist nach oben begrenzt. Doch zunächst zum Einzelfall:<br />
Absicherung und Steuerung eines Komplexleistungsprogramms<br />
kann nur durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht werden (s.<br />
Abb. 7). Der Leistungsanspruch darf nicht mehr oder weniger beliebig<br />
der Willkür von Anbietern oder Leistungsträgern überlassen