28.11.2012 Aufrufe

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

178<br />

Gottlieb Walthers Kritik an der Zähringer-Legende<br />

1765, im <strong>Alte</strong>r von 27 Jahren, veröffentlichte der Berner Jurist und Historiker Gottlieb<br />

Isaak Walther (1738 – 1805) seine Kritik an der Legende, wonach neidische<br />

burgundische Adelige die Kinder des letzten Zähringer Herzogs Berchtold V. vergiftet<br />

hätten.<br />

Die 77-seitige Schrift ist noch heute lesenswert und in ihrem kritischen Ansatz beinahe<br />

genial, was schon die Einleitungssätze der Vorrede zeigen - hier im Buch als<br />

eines der Mottos wiedergegeben.<br />

Auch heutige Historiker würden gut daran tun, sich Walthers Vorbehalte gegenüber<br />

der geschichtlichen Überlieferung zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Gottlieb Walther analysiert in diesem Jugendwerk die schon damals als sakrosankt<br />

hingestellte Zähringer-Legende. – Aber der Forscher will erklären, nicht predigen:<br />

Ich suche niemandem seinen süßen Wahn zu nehmen. Ich trachte allein durch diese<br />

Probe zu zeigen, wie eine Fabel entstanden, wie sie nach und nach gemein worden,<br />

wie sie in alle Geschichtsbücher geflossen sei (G. Walther: Critische Prüfung,<br />

Vorrede, 8).<br />

Im Einzelnen führt Walther aus, daß die Nachrichten über das tragische Ende des<br />

Zähringer-Geschlechts erst Jahrhunderte nach dem angeblichen Geschehen aufgeschrieben<br />

wurden. Und der Kritiker weist nach, daß jeder alte Geschichtsschreiber<br />

die Fabel anders erzählt.<br />

Gottlieb Walther erkennt auch den Sinn in der unsäglichen zähringischen Vergiftungs-Geschichte.<br />

Wichtig ist darin die Prophezeiung der künftigen Größe Berns<br />

durch den seiner Söhne beraubten Herzog: Die Bürger Berns werden sich an dem<br />

burgundischen Adel rächen, und die Stadt wird groß und mächtig werden.<br />

Walther war ein bedeutender Rechtshistoriker. Er schrieb vor allem eine Geschichte<br />

des Berner Stadtrechts und einen Versuch der ältesten Geschichte Helvetiens.<br />

Nicht nur Walther, auch viele andere Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, werden seit<br />

langem von Historikern ignoriert – obwohl deren Werke gedruckt vorliegen. Man<br />

glaubt den Grund zu kennen: Diese Quellen könnten das liebgewordene Geschichtsbild<br />

von den alten <strong>Eidgenossen</strong> in Frage stellen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!