28.11.2012 Aufrufe

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

BERN - Alte Eidgenossen - Dillum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

49<br />

Wer wollte nicht vor Demut stumm werden über die erwähnten<br />

Schätze der Sankt Galler Stiftsbibliothek oder der einzelnen Kantons-<br />

und Universitätsbibliotheken! Eine Aura der Ehrfurcht vor angeblich<br />

uralten Schriften wird geschaffen, die einer kritischen Betrachtung<br />

abträglich ist. – Es geht hier um Quellenanalyse, nicht um<br />

Quellenbewunderung.<br />

In Cologny bei Genf gibt es die bekannte Handschriftensammlung<br />

der Bodmeriana, genannt nach dem Schweizer Mäzen Martin Bodmer.<br />

Dieser sammelte zwischen 1930 und 1970 die erlesensten<br />

Kostbarkeiten, um das schriftliche Vermächtnis der Menschheit zu<br />

dokumentieren.<br />

In der Sammlung Bodmer kann man etwa Papyrustexte mit dem Johannesevangelium<br />

bewundern, die angeblich weniger als hundert<br />

Jahre nach dem Tode Jesu geschrieben worden sind. - Man darf ruhig<br />

sagen, daß Bodmer aus hehren Absichten die primitivsten Textfälschungen<br />

des 20. Jahrhunderts erworben hat.<br />

Wie bestimmt man überhaupt das <strong>Alte</strong>r von Handschriften?<br />

Die Forscher huldigen hier einem doppelten Positivismus, dem des<br />

Inhalts und dem der Schrift.<br />

Eine Evangelienhandschrift ist grundsätzlich schon „ab dem 2. Jahrhundert<br />

nach Christus“ möglich – weil der Beginn der Redaktion der<br />

Frohbotschaft vor sage und schreibe 1900 Jahren begonnen habe.<br />

Und eine Handschrift ließe sich auch nach der Schrift datieren. Eine<br />

Capitalis sei älter als eine Unziale, und die karolingische Minuskel<br />

immerhin Jahrhunderte älter als die spätmittelalterlichen und Renaissance-Schriften.<br />

Aber die Sache mit den „mittelalterlichen“ Schriften ist ein einziger<br />

riesiger Betrug. Schon Kammeier hat festgestellt, daß die angebliche<br />

Schriftentwicklung ein Phantasieprodukt ist (Kammeier, 166).<br />

Die Unterschiede in alten Schriften sind konstruiert. Mehr noch: Ob<br />

„spätrömisch“ oder „mittelalterlich“, jede Buch- und Urkundenschrift<br />

zeigt bei genauer Betrachtung, daß dort die gotische Schrift einer<br />

einzigen Schreibepoche durchscheint.<br />

Und diese Zeit unterschreitet nicht das zweite Viertel oder sogar das<br />

zweite Drittel des 18. Jahrhunderts.<br />

Das muß so sein. Aus der modernen Graphologie wissen wir, daß<br />

ein Schreiber unmöglich über längere Abschnitte seine gewohnte

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!