Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV
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Sigurd Agricola · Wirtschaftsfaktor Freizeitindustrie<br />
Der Ressourcenverbrauch <strong>und</strong> die <strong>Umwelt</strong>anforderungen durch Freizeittätigkeiten<br />
sind außerordentlich unterschiedlich. Für Freizeitzwecke<br />
werden ebenso vorhandene Strukturen genutzt, ohne sie jeweils voll für<br />
sich in Anspruch zu nehmen, wie eigene Strukturen entwickelt. So können<br />
bisher vernachlässigte Flächen (z.B. Industriebrachen, stillgelegte landwirtschaftliche<br />
Flächen) <strong>und</strong> Gebäude revitalisiert, aber auch bislang unbelastete<br />
Bereiche für eine intensive(re) Nutzung in Anspruch genommen<br />
werden. Freizeittätigkeiten konkurrieren im Anspruch auf Ressourcen<br />
miteinander, aber auch mit anderen Bereichen der gesellschaftlichen Vorsorge.<br />
Die meisten Freizeittätigkeiten fügen sich jedoch in die vorhandene<br />
<strong>Umwelt</strong> ein <strong>und</strong> entwickeln sich mit dieser.<br />
Der Freizeitmarkt<br />
Geld zu verdienen mit der Freizeit anderer hat hierzulande seit Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
einen etwas zweideutigen Ruf. Wirte, Musikanten, Schausteller,<br />
Schauspieler <strong>und</strong> andere „Freizeitberufler“ gehörten in alter Zeit zu den<br />
Außenseitern der Gesellschaft. Unterschwellig ist diese Auffassung immer<br />
noch erhalten. Dessen ungeachtet muss festgestellt werden, dass die pluralischen<br />
<strong>und</strong> kleinteiligen Nachfragen nicht durch Allgemeinlösungen (staatliche<br />
Freizeitprogramme, „Brot <strong>und</strong> Spiele“), sondern nur durch Marktstrukturen<br />
<strong>und</strong> -angebote zu bewältigen sind. Entsprechend entwickelte<br />
sich das Freizeitverhalten im Diskurs <strong>zwischen</strong> Freiheiten, Freizeitwünschen<br />
<strong>und</strong> Freizeitangeboten (siehe Abbildung 1) sowie – gerade in Deutschland –<br />
unter dem Einfluss ethischer <strong>und</strong> pädagogischer Leitvorstellungen („sinnvolle<br />
Freizeitgestaltung“). Aufgr<strong>und</strong> dieser Entwicklung der Freizeitgestaltung<br />
hat eine erlebnisorientierte Infrastruktur mit freizeitbezogenem Zusatznutzen<br />
(marktwirtschaftliches Angebot mit Gewinnorientierung) an<br />
Bedeutung gewonnen. Sie fordert unternehmerische Angebote <strong>und</strong> erlaubt<br />
marktorientierte Preise.<br />
Ein einheitlicher Freizeit-Markt ist nur theoretisch feststellbar. Es gibt viele<br />
Freizeit(teil)märkte, die oft erst durch Freizeitnutzung von ursprünglich<br />
Nicht-Freizeitgütern <strong>und</strong> -dienstleistungen zu Freizeitmärkten werden. Der<br />
eigentliche Freizeitmarkt entsteht auf der Zeitebene: Der Freizeitpartner<br />
bzw. -konsument muss zumindest im Moment der Entscheidung bereit sein,<br />
ein Stück freier Zeit zur Verfügung zu stellen. Alle Anbieter <strong>und</strong> Partner von<br />
Freizeitgestaltungsmöglichkeiten wenden sich an den „Freizeit-Geber“ <strong>und</strong><br />
konkurrieren um Zeitquanten, denn die zur Verfügung stehende Zeitmenge<br />
des Einzelnen ist begrenzt. Die „Zeit-Konkurrenz“ kann durch Geld, Organisation<br />
oder Information nicht völlig ausgeglichen werden. Das Angebot<br />
von zeitunabhängigen (immateriellen) Assoziationen („Abenteuer“,<br />
„Erlebnis“) soll die Marktchancen verbessern. Viele Angebote werden überdies<br />
nur dann wirksam, wenn der Freizeiter neben Zeit <strong>und</strong> Geld auch eigene<br />
Aktivität <strong>und</strong> spezielle Fähigkeiten einsetzt.<br />
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