Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV
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Dr. Stefan Büchner · Der Feldberg <strong>zwischen</strong> Freizeitstress <strong>und</strong> Naturschutz – mit Schneekanonen auf Auerhühner?<br />
Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die nach langem Schlagabtausch <strong>zwischen</strong><br />
Gegnern <strong>und</strong> Befürwortern genehmigte Beschneiung einiger Flächen<br />
am Seebuck. Problematisch aus Sicht des Naturschutzes erscheint<br />
hierbei in erster Linie das Thema Wasserbevorratung <strong>und</strong> die Beschneiung<br />
von naturschutzfachlich wertvollen so genannten Borstgrasrasen, die in<br />
Baden-Württemberg unter dem Schutz des § 28 des Landesnaturschutzgesetzes<br />
stehen 4 . Zudem kann aufgr<strong>und</strong> der Positionierung der Schneekanonen<br />
nicht ausgeschlossen werden, dass auch Flächen im Naturschutzgebiet<br />
künstlich beschneit werden.<br />
Aus Sicht des Naturschutzes steht allerdings nicht in erster Linie die massierte<br />
Nutzung des Seebucks als Skipiste im Vordergr<strong>und</strong> der Problematik,<br />
zumal sich die Piste außerhalb des Naturschutzgebiets befindet <strong>und</strong> die<br />
meisten Alpinskifahrer den engeren Pistenbereich ohnehin nicht verlassen.<br />
Deshalb soll hier auch nicht vorrangig auf das mit dem Pistenskilauf<br />
verb<strong>und</strong>ene Problemfeld (Stichworte Pistenbau, Pistenpräparation, Vegetationsschäden,<br />
Liftanlagen, Beschneiung, Verkehrsbelastung etc.) eingegangen<br />
werden 5 .<br />
Schwieriger erscheint die steigende Zahl derjenigen Wintersportler, die<br />
sich abseits der Pisten <strong>und</strong> Loipen im Gelände – auch <strong>und</strong> gerade innerhalb<br />
des Naturschutzgebiets – bewegen. Vor allem das Skitourengehen <strong>und</strong><br />
das Snowboardfahren haben in den letzten Jahren zugenommen: Je voller<br />
die Pisten wurden, desto eher fanden begeisterte, gute <strong>und</strong> sportliche Skifahrer<br />
in dem Massenbetrieb nicht mehr die gesuchte Erfüllung <strong>und</strong><br />
wichen in bis dahin unberührtes Gelände abseits präparierter Hänge aus.<br />
Weil Skitourengeher nicht auf technische Aufstiegshilfen <strong>und</strong> präparierte<br />
Pisten angewiesen sind, gilt das Tourengehen als sanfte Sportart 6 . Ähnlich<br />
werden der Skilanglauf <strong>und</strong> das als neuer Trend zu beobachtende<br />
Schneeschuhwandern beurteilt, das schneebegeisterten Natursportlern<br />
noch weiter gehende Möglichkeiten bietet, sich abseits von Wegen, Pisten<br />
<strong>und</strong> Loipen durch die Winterlandschaft zu bewegen. Diese Sportarten<br />
entsprechen den modernen Freizeitidealen der Natur-, Erlebnis- <strong>und</strong> Bewegungsorientierung<br />
besonders gut.<br />
Die Flächenwirksamkeit dieser als sanft geltenden Sportarten ist jedoch<br />
sehr hoch; ihre beunruhigende Wirkung auf Wildtiere wird oft unterschätzt.<br />
Besonders ungünstig wirken sich dabei solche Störfaktoren aus,<br />
die räumlich <strong>und</strong> zeitlich unregelmäßig <strong>und</strong> damit für die Wildtiere un-<br />
4 Der § 28 des Landesnaturschutzgesetzes Baden-Württemberg stellt bestimmte Lebensräume quasi „automatisch“ unter Naturschutz,<br />
ohne dass ein Naturgebiet ausgewiesen werden müsste.<br />
5 Die z.T. recht erheblichen Probleme, die sich aus dem an schönen Wintertagen massiven Besucherandrang ergeben (z. B. Verkehrsaufkommen,<br />
Abgasbelastung, usw.) sollen hier nicht unbeachtet bleiben. Doch entspricht die intensive Nutzung des Seebucks durchaus<br />
dem Prinzip der Kanalisierung, auf das im Folgenden noch eingegangen wird.<br />
6 Auch im DAV-Projekt „Skibergsteigen umweltfre<strong>und</strong>lich“ wird Skitourengehen aus diesen Gründen als sanft bezeichnet.<br />
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