06.12.2012 Aufrufe

Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV

Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV

Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Prof. Dr. Horst W. Opaschowski · Natur im Freizeitstress – eine ökologische Herausforderung<br />

24<br />

immer noch ablehnend oder wenig aufgeschlossen gegenüberstehen<br />

(StfTuE 1997). Und die Bemühungen einiger weniger, sich zur ökologischen<br />

Mitverantwortung zu bekennen, werden schnell als Werbestrategie<br />

entlarvt oder als <strong>Umwelt</strong>aktionismus gebrandmarkt. Statt selbst aus<br />

eigenem Anteil zu handeln, wartet die Reisebranche lieber auf staatliche<br />

Vorschriften.<br />

Die Touristen stellen hohe Erwartungen an das ökologische Engagement<br />

der Reiseveranstalter – <strong>und</strong> die Reiseveranstalter erwarten noch<br />

mehr von der Politik. Wie aber soll die Politik z.B. die Widersprüche Massentourismus/Sanfter<br />

Tourismus oder Fernflugreisen/<strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />

lösen helfen? Kompromisse sind kaum vorstellbar, weshalb sich auch<br />

die meisten so genannten Öko-Urlaubsangebote als Etikettenschwindel<br />

erweisen (Greenpeace 1998). Denn: Echter Öko-Tourismus endet immer<br />

am Flughafen. Es ist sicher kein Zufall, dass sich DER REISEPAVILLON,<br />

Deutschlands größte Messe für umwelt- <strong>und</strong> sozialverantwortlichen Tourismus,<br />

1998 in Hannover mit der Natur als Markenartikel der Tourismusbranche<br />

ernsthaft auseinander setzte. Nicht der sanfte Tourismus, sondern<br />

der Marktfaktor Natur traf nach Meinung der Veranstalter den „Nerv der<br />

Reiselust <strong>und</strong> -branche“.<br />

Freizeitkonsumenten <strong>zwischen</strong> Scheinwelt <strong>und</strong> Kulisse<br />

Der griechische Geograph <strong>und</strong> Geschichtsschreiber Strabon (64 v.Chr. bis<br />

20 n.Chr.), Verfasser des Werkes „Geographie“, schrieb vor zweitausend<br />

Jahren: „Ein Eichhörnchen kann durch die Baumwipfel von den Pyrenäen<br />

bis nach Gibraltar hüpfen, ohne den Boden zu berühren“. Zu seiner Zeit<br />

<strong>und</strong> bis zum ausgehenden Mittelalter bedeckten Wälder etwa 95 Prozent<br />

der Fläche Spaniens. Dann wurde unbarmherzig gerodet: im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

für den Schiffsbau <strong>und</strong> im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert für die Landwirtschaft.<br />

Sorgt in Zukunft der Massentourismus für den restlichen Kahlschlag (auch<br />

indirekt, z.B. durch selbst gelegte Waldbrände aus Gründen der Bodenspekulation)?<br />

Bleibt uns als Zukunftsalternative zur Naturlandschaft nur die Kunstwelt?<br />

Am 8. Februar 1972 berichtete die „Los Angeles Times“ über den<br />

Beschluss der örtlichen Stadtverwaltung, auf dem Mittelstreifen einer<br />

Hauptverkehrsstraße r<strong>und</strong> 1.000 Plastikbäume aufzustellen, da nach dem<br />

Ausbau der Kanalisation nur noch eine zentimeterdünne Erdschicht übrig<br />

geblieben war. Als nach Beginn der Pflanzaktion unbekannte Täter begannen,<br />

die Bäume mutwillig zu zerstören, sah man schließlich von der<br />

weiteren Bepflanzung ab. Ein Jahr später erschien im Wissenschaftsjournal<br />

SCIENCE unter der Überschrift „What’s Wrong with Plastic Trees?“ der<br />

wissenschaftliche Nachweis, dass das verbreitete Bedürfnis nach einer na-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!