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Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spaß und ... - Öko-Institut eV

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Prof. Dr. Horst W. Opaschowski · Natur im Freizeitstress – eine ökologische Herausforderung<br />

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Auch andere Zoos stellen sich um: In Duisburg jagen afrikanische Wildh<strong>und</strong>e<br />

hinter einem hölzernen Zebra her, das mit einem Fleischbatzen an<br />

einer Seilbahn aufgehängt durch das Zoogelände prescht. Und in Antwerpen<br />

werden mit einem Heuschreckengewehr lebende Insekten in das<br />

Gehege der Wüstenfüchse katapultiert.<br />

Naturgenuss findet immer mehr auf dem Balkon, im Sessellift oder<br />

Kinosessel, im Auto, im Bus oder im Boot statt. Auch <strong>und</strong> gerade die Natur-<br />

<strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>bewusstsein demonstrierende Jugend macht hier keine<br />

Ausnahme. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass sich die Urlauber nicht<br />

nur mit der Kulisse zufrieden geben, sondern auch die Natur zur Kulisse<br />

degradieren: Begeistert rauschen Skifahrer am liebsten unberührte Hänge<br />

hinunter, nur noch übertroffen vom Helikopter-Skiing, bei dem ohne<br />

Rücksicht auf Lärm, Schmutz <strong>und</strong> Benzinvergeudung Egozentrik ausagiert<br />

werden kann. Die Brücke vom Naturwunsch zur Erlebniswirklichkeit ist<br />

noch nicht gebaut. Wer will das nicht – kristallklares Wasser, grüne Bäume<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e Luft? Nur Konsequenzen werden kaum gezogen. Aus der<br />

Sicht der Manager <strong>und</strong> Macher droht die Freizeitwelt von morgen zur perfekten<br />

Kunstwelt im Stile von Disneyland zu werden. Künstlich angelegte<br />

Lagunen- <strong>und</strong> Grottenlandschaften, Kunstberge <strong>und</strong> Kunstpalmen, künstliche<br />

Wasserfälle <strong>und</strong> künstliche Inseln schaffen eine Pseudonatur mit<br />

Klimaanlage.<br />

Sanftes Reisen – ein Zauberwort wird erwachsen. Vor zwei Jahrzehnten<br />

führte Robert Jungk diesen Begriff in die umweltpolitische Diskussion ein.<br />

In<strong>zwischen</strong> hat sich die Erkenntnis von der Paradoxie dieses Anliegens<br />

weitgehend durchgesetzt: Denn auch der sanfte Reisende zerstört, was er<br />

sucht – indem er es findet. Wenn Menschen massenhaft reisen, sind Massenbewegungen<br />

<strong>und</strong> (auch) Massenzerstörungen die Folge.<br />

Der Rat von Sachverständigen für <strong>Umwelt</strong>fragen hat daher in seinem<br />

<strong>Umwelt</strong>gutachten von 1998 dem Problembereich „<strong>Umwelt</strong>, Freizeit <strong>und</strong><br />

Tourismus“ ein besonderes Gewicht beigemessen: „Die fortschreitende<br />

Zunahme der Freizeitaktivitäten <strong>und</strong> des Tourismus, insbesondere des<br />

Ferntourismus, hat neben den erwünschten ökonomischen Vorteilen auch<br />

vermehrt Belastungen für die <strong>Umwelt</strong> zur Folge. Durch landschaftsbezogenen<br />

Tourismus <strong>und</strong> Freizeitsport werden oftmals empfindliche<br />

Lebensräume in Anspruch genommen. Flächenverbrauch, Zersiedelung,<br />

Beeinträchtigung der verschiedenen <strong>Umwelt</strong>medien sowie Verkehrsemissionen<br />

sind wesentliche Ursachen der Belastung. Symptomatisch für<br />

die von Freizeit- <strong>und</strong> Erholungsaktivitäten ausgehenden <strong>Umwelt</strong>beeinträchtigungen<br />

<strong>und</strong> -schädigungen ist, daß sie sich in einem langfristigen,<br />

schleichenden Prozeß entwickeln <strong>und</strong> deshalb nur schwer wahrnehmbar<br />

sind. Die Wachstumsprognosen der Freizeit- <strong>und</strong> Tourismusbranche lassen<br />

eine Verstärkung der Problematik erwarten.“ (SRU 1998).

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