Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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Der kurze Überblick hat gezeigt, dass die generativen Analysen der Wortstellung im Nebensatz<br />
stark voneinander abweichende Angaben über Häufigkeit und Art der eingebetteten<br />
Verb-Zweit-Effekte machen. Hirschbühler (1989:172) führt dies darauf zurück, dass es<br />
starke (diachrone und dialektale) Unterschiede zwischen den einzelnen Texten des Alt- und<br />
Mittelfranzösischen gibt. Mit anderen Worten, erst eine zeitlich und regional differenzierte<br />
Analyse des Altfranzösischen wird in der Lage sein, adäquate Aussagen über die Struktur<br />
des altfranzösischen Nebensatzes zu machen.<br />
3.4 Verbstellungswandel in anderen romanischen Sprachen<br />
Bereits eingangs dieses Kapitels habe ich darauf hingewiesen, dass sowohl in der generativen<br />
als auch in der nicht generativen romanistischen Wortstellungsforschung ein deutlicher<br />
Schwerpunkt auf dem Französischen liegt. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen,<br />
wie z.B. Pape (1883) zum Altprovenzalischen oder David (1887) zum Altitalienischen, sind<br />
bis zur Mitte des 20. Jhdts. nur wenige Studien angefertigt worden, die sich der Wortstellung<br />
oder der Wortstellungsentwicklung einer anderen romanischen Sprache als der des<br />
Französischen widmen. Die ersten detaillierteren Studien zur spanischen und portugiesischen<br />
Wortstellung entstehen erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. (Crabb 1955 für das<br />
Spanische, Schellert 1958 und Pádua 1960 für das Portugiesische). Die meisten dieser und<br />
späterer Arbeiten befassen sich ausschließlich mit stilistischen oder pragmatischen Aspekten<br />
der Wortstellung. Syntaktische Aspekte sowie spezifische Aspekte der Stellung des<br />
finiten Verbs bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt. 34 Dies gilt auch für alle neueren<br />
nicht generativen Untersuchungen zum Wortstellungswandel, wozu es insbesondere zum<br />
Spanischen eine Vielzahl von Arbeiten gibt (u.a. Bossong 1984, Meyer-Hermann 1988,<br />
1991, England 1980, 1983, 1984, 1993, Neumann-Holzschuh 1997). Aus diesem Grund<br />
wird hier auf eine Diskussion dieser Arbeiten verzichtet, zumal bereits in der Darstellung<br />
der Untersuchungen zur französischen Wortstellung eingehend auf die traditionellen, nicht<br />
syntaktisch orientierten Erklärungsansätze eingegangen worden ist.<br />
Auch die im generativen Rahmen angefertigten Studien sollen hier nur kurz betrachtet<br />
werden, da sie sich nur unwesentlich von denen des Französischen unterscheiden. Wie bereits<br />
bei der Besprechung von Benincà (1983/84) kurz erwähnt, wird angenommen, dass<br />
nicht nur das Altfranzösische, sondern alle frühromanischen Sprachen durch eine strenge<br />
Verb-Zweit-Stellungsregel gekennzeichnet waren (cf. auch Salvi 1993, 2000, Benincà<br />
1995, Fontana 1997). Den Grund für diese Annahme liefert die – bereits in Kapitel 1 illustrierte<br />
– Beobachtung, dass in den altromanischen Sprachen in verstärktem Maße Sätze mit<br />
einer XVS-Stellung anzutreffen sind. Diese Beobachtung wird auch in der Untersuchung<br />
34 Hierzu finden sich meist nur in den bereits besprochenen gemeinromanischen Untersuchungen,<br />
wie z.B. von Diez (1882) oder Meyer-Lübke (1899), einige Angaben. Thurneysen (1892:302) äußert<br />
die Vermutung, dass die "Neigung, das Verbum an die zweite Stelle im Satze zu rücken, [...]<br />
keine französische Eigentümlichkeit [ist], sondern [...] allen Romanen [eignet]", d.h. "als die gemeinromanisch<br />
normale anzusehen ist". Er liefert jedoch keine Belege für diese Annahme, die<br />
im Übrigen von Richter (1903:46) und Nissen (1943:5,Fn.2) als inadäquat zurückgewiesen wird.