Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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ser Untersuchungen wollen sich nicht mehr nur damit begnügen, "von einer Erscheinung zu<br />
behaupten, daß sie 'selten' oder 'verhältnismäßig häufig' vorkomme, und sie dann mit einigen<br />
Beispielen belegen", weil man dadurch "sich erstens kein genaues Bild über den Stand<br />
der Dinge machen und zweitens die gezogenen Schlüsse und gemachten Behauptungen<br />
nicht auf ihr tatsächliches Zutreffen überprüfen" kann (Dill 1935:5,Fn.1).<br />
Eine Reihe dieser Autoren stellt auf Grund dieser präziseren Auswertungsweise fest,<br />
dass die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen revidiert werden müssen. So konstatiert beispielsweise<br />
Siepmann (1937:86) als Gesamtergebnis ihrer Auswertung der Wortstellung in<br />
der 'Conquête de Constantinople' von Villehardouin (= con), dass "der Unterschied<br />
zwischen der alten und der modernen Sprache hinsichtlich der Wortstellung<br />
[...] bei weitem nicht so beträchtlich [ist] wie die früheren Arbeiten<br />
ihn darstellen". Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangt auch Lewinsky (1949:182),<br />
derzufolge "les grandes tendances qui charactérisent la langue actuelle se trouvent déjà dans<br />
le français du XIV e siècle".<br />
In ähnlicher Weise lassen sich die Ergebnisse von Le Bidois (1952) interpretieren, die<br />
sogar auf eine Zunahme beim Gebrauch von Inversionen im modernen Französischen hindeuten.<br />
Leider lassen sich für eine linguistische Analyse aus der Studie von Le Bidois nur<br />
wenige brauchbare Schlüsse ziehen. Denn obwohl es sich hierbei um eine der umfangreichsten<br />
Untersuchungen zur Subjekt-Verb-Inversion im Französischen handelt, stellt sie sowohl<br />
in der methodischen Vorgehensweise als auch in der Darstellung der Ergebnisse einen<br />
großen Rückschritt im Vergleich zu den Arbeiten der 30er- und 40er-Jahre dar. Sie enthält<br />
letztendlich nur eine riesige Sammlung von Belegen für Konstruktionen mit (oder ohne)<br />
Subjekt-Verb-Inversion, die der Autor in den Werken Marcel Prousts oder anderer französischer<br />
Schriftsteller oder Journalisten der ersten Hälfte des 20. Jhdts. gefunden hat. Eine<br />
statistische Auswertung der Ergebnisse wird nicht geliefert. Die Kommentare von Le<br />
Bidois zu den Daten können eher als die "eines gebildeten Zeitgenossen" (Rogger<br />
1956:239) als die eines Linguisten angesehen werden. Seine Arbeit ist daher "eher stilistischer<br />
als linguistischer Art [...], obschon sie für den Linguisten, und besonders den Linguisten<br />
der Zukunft, von unschätzbarem Werte ist" (Rogger 1956:239). Primäres und offensichtlich<br />
einziges Ziel dieser Studie scheint darin zu bestehen, die Häufigkeit der Verwendung<br />
der Inversion im modernen Französischen und damit dessen "étonnante vitalité" (Le<br />
Bidois 1952:415) zu dokumentieren:<br />
Nos relevés chez les écrivains de 1900 à 1950 ont fourni une moisson d'exemples si abondante et<br />
si variée que les affirmations des grammairiens paraissent de peu de poids en comparaison. Or ces<br />
exemples, que nous aurions pu multiplier sans peine, montrent à l'évidence qu'en français, l'inversion<br />
du sujet, loin d'être en recul, est de plus en plus fréquente dans la langue écrite et jouit même,<br />
auprès de certains auteurs, d'une faveur quelque peu inquiétante. Ainsi, nous avons constaté que<br />
Proust fait un usage incessant du tour inverti, tant en phrase principale qu'en subordonnée [...].<br />
(Le Bidois 1952:410)<br />
Le Bidois (1952:3) sieht sich als Kämpfer gegen "certains préjugés classiques dont quelques<br />
grands écrivains français n'ont pas su se garder", denen zufolge das moderne Französische<br />
einer starren SVO-Stellung unterliegt. Diese Vorurteile findet Le Bidois (1952:3) auch<br />
bei zeitgenössischen Grammatikern und Romanisten, wie etwa bei Wartburg (1934:221),<br />
demzufolge "[t]out le monde sait que la structure de la phrase française, en particulier<br />
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