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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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167<br />

in frühromanischer Zeit nicht (mehr) über die Verb-Zweit-Stellungseigenschaft verfügt hat.<br />

Die Daten des Bündnerromanischen hingegen scheinen auf eine Festigung dieser Eigenschaft<br />

hinzudeuten.<br />

In der vorliegenden Arbeit wurde versucht zu zeigen, dass diese Schlussfolgerungen<br />

nicht gerechtfertigt sind, da die (relative) Häufigkeit von Sätzen mit einer XVS-Struktur<br />

keinen Rückschluss auf die Existenz einer strengen Verb-Zweit-Stellungseigenschaft erlaubt.<br />

Entscheidend für eine adäquate Analyse ist vielmehr, ob eine Sprache Wortstellungsmuster<br />

aufweist, die mit einer Verb-Zweit-Grammatik vereinbar sind oder nicht. Aufschluss<br />

darüber liefert der Vergleich der romanischsprachigen Texte mit einer deutschen<br />

und isländischen Bibelübersetzung. Wie aus der Tabelle (13) hervorgeht, ist der Anteil an<br />

XVS-Sätzen in beiden germanischen Texten höher als in den frühromanischen Texten.<br />

Gleichzeitig sind Sätze mit einer Verb-Dritt-Stellung wesentlich seltener. Von entscheidender<br />

Bedeutung ist die Beobachtung, dass es sich hierbei ausschließlich um Sätze handelt, in<br />

denen ein einleitender Nebensatz disloziert ist und durch ein Adverbial wieder aufgenommen<br />

wird. Abgesehen von drei durch Versmaß bedingte Abweichungen trifft dies auch für<br />

die Verb-Dritt-Sätze zu, die in den bündnerromanischen Daten vorkommen. Gemäß der<br />

Analysen von Verb-Zweit-Sprachen stellt diese Art von Sätzen eine der wenigen Ausnahmen<br />

dar, in denen eine CP-Rekursion erfolgen kann. Die Verb-Dritt- (oder Verb-Viert)-<br />

Sätze der übrigen frühromanischen Sprachen lassen sich hingegen nicht als derartige Ausnahmen<br />

erfassen. V>2-Sätze treten in sehr unterschiedlichen Kontexten und meist in Verbindung<br />

mit einem präverbalen Subjekt auf. Solche Sätze sind nicht vereinbar mit einer<br />

Verb-Zweit-Grammatik. In diesen Fällen kann das finite Verb nicht in die COMP-Position<br />

bewegt werden, da das Hinzufügen einer zusätzlichen vor der in der SpezCP-Position auftretenden<br />

Konstituente eine Verletzung der CP-Rekursionsrestriktion zur Folge hätte. Mit<br />

Ausnahme des (Alt-)Bündnerromanischen sind demzufolge alle frühromanischen Sprachen<br />

– ebenso wie deren moderne Varietäten – trotz der teilweise sehr häufig ausgenutzten Möglichkeit<br />

der Bildung von Sätzen mit einer XVS-Stellung als Nicht-Verb-Zweit-Sprachen anzusehen.<br />

Die entscheidende Konsequenz dieser Analyse besteht darin, dass für die untersuchten<br />

romanischen Sprachen kein Parameterwechsel zur Erklärung des Verbstellungswandels<br />

postuliert werden muss. Vor dem Hintergrund der generellen Problematik der Annahme<br />

eines Parameterwechsels gewinnt die hier vorgeschlagene Analyse damit zusätzlich an<br />

Plausibilität. Es konnte deutlich gemacht werden, dass ein solcher Wandel nur unter ganz<br />

spezifischen Bedingungen stattfinden kann. Auf Grund der Annahme, dass ausschließlich<br />

die Existenz eindeutiger Trigger für die Fixierung eines Parameterwertes relevant ist, kann<br />

eine quantitative Reduzierung dieser Triggerevidenz in der Erwachsenensprache keinerlei<br />

Auswirkungen für die Festlegung des entsprechenden Parameterwertes haben. Solange eindeutige<br />

Triggerevidenz vorhanden ist, spielt deren Häufigkeit allenfalls insofern eine Rolle,<br />

als dadurch die Fixierung des Parameters beschleunigt bzw. verzögert werden könnte. Auch<br />

die Annahme struktureller Änderungen in der Erwachsenensprache selbst, die dazu führen,<br />

dass den Kindern neue eindeutige Triggerevidenz für die Fixierung auf einen anderen Parameterwert<br />

geliefert wird, stellt keine adäquate Erklärung für einen Parameterwechsel dar.<br />

Sie ist weder plausibel noch ist sie mit der Annahme vereinbar, dass einmal fixierte Parameter<br />

nicht mehr auf einen anderen Wert umgesetzt werden können. Die bislang lediglich<br />

für den Wortstellungswandel im Englischen vorgeschlagene Analyse, derzufolge durch den<br />

Kontakt – parametrisch unterschiedlich fixierter – Dialekte ein Parameterwechsel ausgelöst

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