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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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und Satzglieder sehr häufig "ohne Rücksicht auf ihre logische Zusammengehörigkeit, lediglich<br />

nach rhythmischen Prinzipien geordnet" sind (Lerch 1934:349). Das heißt, die Anordnung<br />

erfolgt im alternierenden Wechsel zwischen druckstarken und druckschwachen<br />

Silben, Wörtern oder Satzteilen. Im Neufranzösischen ist Lerch (1934:352) zufolge eine<br />

solche spezifisch-rhythmische Anordnung von Satzgliedern weitgehend auf die Poesie<br />

beschränkt und "im allgemeinen nur statthaft, wenn sie nicht in allzu auffälligem Widerspruch<br />

mit der logischen Anordnung steh[t]".<br />

3.3.3.3 Logisch-grammatische Faktoren<br />

Diese Schlussfolgerung Lerchs steht stellvertretend für die in sehr vielen traditionellen Arbeiten<br />

verbreitete Auffassung, wonach so genannten 'logisch-grammatischen' Faktoren die<br />

ausschlaggebende Rolle für den Wortstellungswandel im Französischen zugestanden wird.<br />

Dahinter steht die Ansicht, dass durch die Übernahme einer angeblich logisch-reflektierten<br />

Denkweise das Französische seine "Periode der Primitivität" überwinden konnte, in der<br />

sich "[d]er Geist [...] noch auf einer [...] tiefen Entwicklungsstufe" befand und der "Einfluß<br />

der impulsiven, aber auch der rhythmischen Wortstellung" im Vordergrund stand (Koch<br />

1934:82). Entscheidender Anteil daran, dass sich diese Denkweise durchsetzen konnte, wird<br />

den Grammatikern und Sprachpuristen des 16. und insbesondere 17. Jhdts., wie Malherbe<br />

oder Vaugelas, zugestanden. Geprägt war deren Arbeit durch das Bemühen, die französische<br />

Sprache zu standardisieren und zu normieren. 21 Hierzu gehörte auch der Versuch, die<br />

Wortstellung zu fixieren. Diesem Versuch liegt die Annahme zugrunde, dass "eine geregelte<br />

Wortstellung [...] eine große Erleichterung für den Hörer oder Leser" bedeutet, weil<br />

der Sprecher seinen "individuellen Ausdruckswillen" nicht mehr so stark entfalten kann und<br />

damit automatisch mehr Rücksicht auf den Hörer bzw. Leser nimmt (Lerch 1934:250f.).<br />

Wichtigstes Ziel war das Erreichen einer größtmöglichen "clarté de la langue" (Ling<br />

1866:II), die unter anderem auch durch die 'logische' Anordnung der Satzglieder erreicht<br />

werden sollte:<br />

Il est évident que [...] l'ordre logique est la construction qui favorise le plus la clarté, ou plutôt, que<br />

la langue dont la construction s'en rapproche le plus, est aussi la plus claire de toutes. (Ling<br />

1866:III)<br />

Die genaue Bestimmung dieser 'logischen' Anordnung erweist sich allerdings als sehr problematisch<br />

und widersprüchlich. Generell wird davon ausgegangen, dass sich die Zusammenknüpfung<br />

des 'Logisch-Zusammengehörigen' in der Subjekt-Verb-Objekt-Stellung<br />

manifestiert:<br />

21 Wartburg (1946:170f.) beispielsweise spricht davon, dass es Malherbe darum ging, die französische<br />

Sprache zu "dégasconner" und zu "débarasser [...] de ses scories". In seiner ihm eigenen pathetischen<br />

Sprache bezeichnet er Malherbe gar als den Mann "dont la France avait besoin à ce<br />

moment-là", um schließlich zu folgendem Schluss zu gelangen:<br />

"La nation désirait que quelqu'un lui donnât une norme pour sa langue; elle était toute préparée à<br />

recevoir une loi en fait de grammaire. Plus que la personne de Malherbe c'était le génie du peuple<br />

français qui se donnait à lui-même les nouvelles règles." (Wartburg 1946:171)<br />

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