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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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(b) Da sesez il carstgaun vegn tier nuot<br />

von sich der Mensch kommt zu nichts<br />

(veg 275: 1 Sam 2,9)<br />

(c) gl' Altissim en tschiel els smardeglia<br />

der Höchste im Himmel sie zerschmettert<br />

(veg 275: 1 Sam 2,10)<br />

163<br />

Bei diesen drei Belegen handelt es sich ganz offensichtlich um Verletzungen der Verb-<br />

Zweit-Stellungsregel. 11 Dennoch bilden diese Beispiele keine Belege gegen das Vorhandensein<br />

der strengen Verb-Zweit-Eigenschaft im Surselvischen. Das Bemerkenswerte an<br />

diesen Sätzen ist nämlich, dass sie im so genannten 'Danklied der Hanna' (1 Samuel 2,1-11)<br />

auftreten. Diese Bibelstelle ist dadurch gekennzeichnet, dass sie in Versform geschrieben<br />

ist. Es kann kein Zweifel darin bestehen, dass die Abweichungen von der üblichen Wortstellung<br />

in diesen Fällen durch die Versform des Textes bedingt sind. Ebenso wie bei den<br />

oben aufgeführten Beispielen aus dem Deutschen (cf. Fußnote 2, Seite 131) handelt sich<br />

hierbei folglich um keine Belege, die gegen die generelle Gültigkeit der Verb-Zweit-Stellungsregel<br />

im Surselvischen sprechen.<br />

Die Ergebnisse veranschaulichen somit deutlich den fundamentalen Unterschied, der<br />

zwischen dem Rätoromanischen und den anderen romanischen Sprachen besteht. Er manifestiert<br />

sich nicht nur im wesentlich höheren Anteil an XVS-Sätzen, sondern insbesondere<br />

darin, dass sich die wenigen Verb-Dritt-Sätze strukturell deutlich von denen der anderen romanischen<br />

Sprachen unterscheiden. Die einzigen regelmäßigen Abweichungen von der<br />

Verb-Zweit-Stellung beschränken sich auf die in den Beispielen (54) und (55) illustrierten<br />

Fälle. Ein weiterer deutlicher Unterschied zu den anderen romanischen Sprachen besteht<br />

darin, dass beide rätoromanische Texte zahlreiche Belege für eine AdvAuxSVO-Stellung<br />

aufweisen, wodurch der Analyse von Fodor (1998) zufolge die Verb-Zweit-Eigenschaft in<br />

einer SVO-Sprache festgelegt werden kann:<br />

(57) asur. (a) lur ilg vi jou manar cun mei<br />

dann ihn werde ich führen mit mir<br />

(cue 233: 1 Sam 1,22)<br />

(b) Ouncalura vi jou bucca cassar tuts ils humens da mieu Altar<br />

überdies werde ich nicht jagen alle die Männer von meinem Altar<br />

(cue 234: 1 Sam 2,33)<br />

(58) nsur. (a) Sinquei ei la dunna ida sia via<br />

daraufhin ist die Frau gegangen ihren Weg<br />

(veg 273: 1 Sam 1,18)<br />

(b) Sche ha era il Segner perdunau a ti tiu puccau<br />

so hat auch der Herr vergeben PRÄP dir deine Sünde<br />

(veg 356: 2 Sam 12,13)<br />

Die hier untersuchten Daten des Rätoromanischen belegen somit klar, dass sowohl das<br />

ältere als auch das moderne Bündnerromanische – ebenso wie das Deutsche, jedoch im<br />

11 Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass das Objektspronomen in Satz (56)(c)<br />

nicht klitisch ist und daher als eigene Konstituente gezählt werden muss. Im Gegensatz zu fast allen<br />

anderen Varietäten des Bündnerromanischen hat das Surselvische das Paradigma der klitischen<br />

Objektspronominaformen vollkommen aufgegeben und durch nicht klitische Formen ersetzt, die<br />

die gleiche Position wie volle Objekt-NPs einnehmen (Widmer 1959). Das ältere Surselvische verfügt<br />

noch über die klitischen Formen der Objektspronomina, wie zum Beispiel Satz (57)(a)) belegt.

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