Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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(28) afr. (a) Én cel tens Ahiel de Bethel edefiad é relevad Jericó<br />
in dieser Zeit Hiël aus Bet-El baute und wieder-errichtete Jericho<br />
(qlr 155: 1 Kön 16,34) (Herman 1954:269)<br />
(b) Pur çó li reis Asa prist tut l' or é l' argent<br />
für das der König Asa nahm all das Gold und das Silber<br />
(qlr 152: 1 Kön 15,18) (Herman 1954:269)<br />
Einen anderen Teil der Gruppe der Verb-Dritt-Sätze, die nicht durch Reimzwänge erklärt<br />
werden können, illustriert Herman (1954:270) mit folgendem Beispiel:<br />
(29) afr. É li prohetes Helyes par la force é la volented nostre Seignur curút<br />
und der Prophet Elija durch die Kraft und den Willen unseres Herrn lief<br />
devant lu réi jesque il vínt en Jezraél<br />
vor dem König bis er kam nach Jesreel<br />
(qlr 160: 1 Kön 18,46) (Herman 1954:270)<br />
Hier vermutet Herman (1954:270f.), dass die Wortstellung vom lateinischen Original beeinflusst<br />
sein könnte:<br />
Nous estimons qu'on peut voir dans ces exemples des vestiges du type SCV très courant en latin,<br />
vestiges soutenus par des facteurs d'emphase, par les intentions stylistiques de l'auteur (et ça et là,<br />
par une influence directe de l'original); dans l'exemple que nous venons de citer, la position du<br />
complément entre le sujet et le verbe donne à la proposition une allure solennelle, pathétique.<br />
Mit anderen Worten, nach Ansicht von Herman (1954) bilden die von ihm gefundenen<br />
Verb-Erst- und Verb-Dritt-Sätze lediglich Ausnahmen zu einer allgemein gültigen Regel<br />
des Altfranzösischen, wonach das finite Verb stets in der zweiten Position erscheint.<br />
Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Roberts (1993), der eine der wenigen generativen<br />
Arbeiten vorlegt, in der versucht wird, die These der Verb-Zweit-Stellungseigenschaft des<br />
Altfranzösischen durch eine statistische Analyse zu untermauern. Hierfür wertet er in sechs<br />
altfranzösischen Werken die ersten 100 Matrixsätze aus, die ein lexikalisches Subjekt enthalten.<br />
Er gelangt dabei zu folgenden Prozentzahlen für die Stellung des finiten Verbs:<br />
Text V1 V2 V>2<br />
(= V3 oder mehr)<br />
Subj V Kompl V PE V Adv V<br />
La Chanson de Roland 5% 31% 15% 5% 40% 4%<br />
Le Charroi de Nîmes 13% 23% 12% 4% 48% 0%<br />
Tristan 3% 30% 7% 2% 55% 3%<br />
Perceval 2% 41% 11% 2% 28% 16%<br />
Aucassin et Nicolete 2% 50% 6% 4% 32% 6%<br />
Merlin 0% 28% 3% 0% 65% 4%<br />
Tabelle (2): Prozentualer Anteil der Verbstellungsmuster der ersten 100 Matrixsätze mit realisiertem<br />
Subjekt (nach Roberts 1993:95)<br />
Für Roberts (1993:95) bestätigen diese Auszählungsergebnisse die strenge Gültigkeit der<br />
Verb-Zweit-Stellungsregel im Altfranzösischen, die vor allem an den "generally low proportions<br />
of V1 and especially V > 2 sentences [...]" deutlich wird. Hier muss allerdings<br />
gefragt werden, inwiefern es gerechtfertigt ist, bei einem 13%igen Anteil an V1-Konstruktionen<br />
im Charroi de Nîmes und einem 16%igen Anteil von V>2-Konstruktionen im<br />
Perceval-Roman von "low proportions" zu sprechen. An einer späteren Stelle räumt<br />
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