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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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Position in den Interrogativsätzen der romanischen Sprachen als 'residuales' Verb-Zweit-<br />

Stellungsphänomen anzusehen und damit dahingehend zu interpretieren ist, dass diese<br />

Sprachen in einer früheren Epoche durch eine strenge Verb-Zweit-Stellungsregel gekennzeichnet<br />

waren.<br />

Es muss betont werden, dass diese Schlussfolgerung allerdings auch unabhängig von<br />

den gemachten empirischen Beobachtungen hinsichtlich der romanischen Interrogativsätze<br />

gezogen werden muss. Sie ergibt sich auch aus theoretischen Gründen, zumindest dann,<br />

wenn davon ausgegangen wird, dass die Stellung von wh-Phrase und finitem Verb in Interrogativsätzen<br />

durch das wh-Kriterium festgelegt ist. Dieser Analyse zufolge ist die Verbbewegung<br />

in Interrogativsätzen grundsätzlich anderer Natur als die entsprechenden Bewegungsoperationen<br />

in deklarativen Matrixsätzen einer Sprache mit obligatorischer Verb-<br />

Zweit-Stellung. Der Unterschied liegt darin, dass die Bewegung durch andere Faktoren ausgelöst<br />

wird. Somit gibt es keinen Grund dafür anzunehmen, dass eine Sprache, die in Interrogativsätzen<br />

eine (obligatorische) Verb-Zweit-Stellung aufweist, ursprünglich auch in Deklarativsätzen<br />

über die gleiche Wortstellung verfügt hat. Wie Rizzi (1990b, 1990c) selbst<br />

betont, handelt es sich bei dem von ihm formulierten wh-Kriterium um ein universales<br />

Prinzip, das – anders als im Fall der V-nach-COMP-Bewegung in den Deklarativsätzen der<br />

Verb-Zweit-Sprachen – in allen Sprachen die V-nach-COMP-Bewegung bewirkt. Der Unterschied<br />

zwischen den einzelnen Sprachen besteht lediglich darin, auf welcher Ebene diese<br />

Anhebung ausgeführt wird bzw. ausgeführt werden muss. Mit anderen Worten, der angenommene<br />

Zusammenhang zwischen Verb-Zweit-Stellung in Interrogativsätzen und der<br />

Verb-Zweit-Stellung in Deklarativsätzen in Verb-Zweit-Sprachen ist nicht nur unbegründet,<br />

sondern auch unvereinbar mit der von Rizzi postulierten universalen Gültigkeit des wh-<br />

Kriteriums.<br />

Angesichts dieser Feststellung ist es kaum verwunderlich, dass auch in Sprachen, die typologisch<br />

sehr weit von den romanischen Sprachen entfernt sind, ähnliche Verb-Stellungseffekte<br />

in Interrogativsätzen zu beobachten sind. So gilt beispielsweise für das Baskische,<br />

das eine zugrunde liegende Verb-Endstellung besitzt, dass in Interrogativsätzen das finite<br />

Auxiliar – i.d.R. zusammen mit dem Verb 32 – obligatorisch in die Zweitpositon bewegt<br />

werden muss (Eguzkitza 1986, Ortiz de Urbina 1992, 1995):<br />

(77) bk. (a) Emakumeak gizonari liburua bidali dio.<br />

Frau-die Mann-dem Buch-das geschickt hat<br />

'Die Frau hat dem Mann das Buch geschickt'<br />

(b) Nori bidali dio emakumeak liburua?<br />

wem geschickt hat Frau-die Buch-das<br />

(b') *Nori emakumeak liburua bidali dio?<br />

wem Frau-die Buch-das geschickt hat<br />

'Wem hat die Frau das Buch geschickt?'<br />

Interessanterweise spricht Ortiz de Urbina (1992, 1995) hier von einem residualen Verb-<br />

Zweit-Phänomen im Baskischen. Er liefert allerdings keine Belege für die Existenz einer<br />

32 Ortiz de Urbina (1995:105f.) weist darauf hin, dass in Dialekten des Nordbaskischen nur das<br />

Auxiliar angehoben wird:<br />

(i) bk. (a) Nork du Jon ikusi?<br />

wer hat Jon gesehen<br />

(b) Nor du Jonek ikusi?<br />

wen hat Jon gesehen<br />

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