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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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Parameterwechsel – in ähnlicher Weise, wie für das Englische vermutet wird – Sprachkontakt<br />

oder dialektaler Kontakt verantwortlich gemacht werden können. Es muss überprüft<br />

werden, ob es in den Zeiträumen, in denen in diesen Sprachen der Wandel der Verbstellung<br />

eingetreten ist, zu Kontakten dieser Sprachen mit anderen Sprachen gekommen ist, die hinsichtlich<br />

des Verb-Zweit-Parameters anders fixiert gewesen sind. Für die iberoromanischen<br />

Sprachen, insbesondere das Spanische, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Wandel durch<br />

den Kontakt mit dem Arabischen ausgelöst worden ist. Die vielen romanistischen Untersuchungen<br />

zu diesem Kontakt stimmen jedoch darin überein, dass Einflüsse des Arabischen<br />

auf das Spanische vorwiegend im Bereich des Lexikons, nicht aber im Bereich der Syntax<br />

nachgewiesen werden können (Meyer-Hermann 1988). Ähnliches gilt auch für die Entwicklung<br />

anderer romanischer Sprachen und den Einfluss auf deren Syntax durch andere<br />

Kontaktsprachen.<br />

Auch was die Frage nach dem Einfluss dialektalen Kontaktes auf die Wortstellungsentwicklung<br />

betrifft, so liefern die romanistischen Untersuchungen keinerlei Belege dafür,<br />

dass innerhalb der einzelnen frühromanischen Sprachen Dialekte existiert haben, deren<br />

Syntax dermaßen unterschiedlich ausgeprägt war, dass von Unterschieden hinsichtlich der<br />

Fixierung des Verb-Zweit-Parameters ausgegangen werden muss. Die im Langue d'Oïl<br />

gesprochenen alt- und mittelfranzösischen Dialekte unterscheiden sich allenfalls im morphophonologischen<br />

Bereich. Syntaktische Unterschiede werden vor allem nur im Bereich<br />

des Gebrauchs und der Funktion der Personalpronomina beobachtet (Gossen 1976). Auch<br />

ein von mir durchgeführter empirischer Vergleich zweier franzischer Texte (ros und tho)<br />

mit zwei anglo-normannischen Texten (rol und mar) kommt zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich<br />

der Stellung des finiten Verbs keine Unterschiede existieren (Kaiser 2000). Die<br />

Texte beider Dialekte enthalten in ähnlichem Umfang zahlreiche Verb-Zweit-Stellungseffekte.<br />

Auf Grund der Tatsache, dass das Franzische die Grundlage für die Herausbildung<br />

des späteren Standardfranzösischen bildet, wäre allerdings zu erwarten gewesen, dass die<br />

franzischen Texte sich hier deutlich von den Texten der anderen Dialekte unterscheiden<br />

und wesentlich weniger häufig Verb-Zweit-Stellungseffekte aufweisen. Denn es muss davon<br />

ausgegangen werden, dass derjenige Dialekt, der sich gegen die übrigen durchgesetzt<br />

hat, hinsichtlich des Verb-Zweit-Parameterwertes anders fixiert war und bei einem möglichen<br />

Kontakt mit anderen Dialekten Input für eine Parameterumfixierung dieser Dialekte<br />

geliefert hat. Alle bisherigen Untersuchungen und Hinweise in der Literatur deuten jedoch<br />

darauf hin, dass dies nicht der Fall gewesen ist. Die gleiche Feststellung scheint auch für<br />

Dialekte anderer frühromanischer Sprachen zuzutreffen. Mit anderen Worten, es gibt bislang<br />

offenbar keine empirische Evidenz dafür, dass die von Weerman (1993) und von<br />

Kroch / Taylor (1997) gelieferte Erklärung für den parametrischen Verbstellungswandel im<br />

Englischen zur Erklärung für den Verb-Stellungswandel in den romanischen Sprachen<br />

herangezogen werden kann.<br />

Somit muss zusammenfassend festgestellt werden, dass es bislang nicht gelungen ist, in<br />

Übereinstimmung mit den Grundannahmen der Parametertheorie die These zu belegen, wonach<br />

sich das Französische sowie andere romanische Sprachen durch Parameterwechsel<br />

von einer Verb-Zweit- zu einer Nicht-Verb-Zweit-Sprache entwickelt haben. Das Hauptproblem<br />

für den Nachweis dieser Annahme besteht darin, dass keine Erklärung dafür geliefert<br />

werden konnte, wie dieser Parameterwechsel ausgelöst worden sein soll. Die vielfach<br />

angenommenen quantitativen und/oder strukturellen Veränderungen in der Erwachsenensprache<br />

müssen aus theoretischen Gründen als inadäquate Erklärungen zurückgewiesen

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