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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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l'ordre des mots, est d'une rigidité absolue". Diese "vues vraiment excessives [...] sur l'ordre<br />

des mots en français" gilt es für Le Bidois (1941:111, Fn.1) zu widerlegen. 10<br />

Zu einem ganz ähnlichen Ergebnis wie Le Bidois kommt eine andere ebenfalls quantitativ<br />

sehr umfangreiche Untersuchung der Inversion im (modernen) Französischen, nämlich<br />

die Studie von Clifford (1973). Ziel dieser Studie ist es – auf der Grundlage einer sehr detaillierten<br />

statistischen Auswertung von Daten des 16.-20. Jhdts. – ebenfalls zu zeigen,<br />

"how conservative have been the estimates of grammarians and theorists from the 16th<br />

century onwards regarding the use of inverted order in French" (Clifford 1973:436). 11 Ein<br />

für Clifford allerdings selbst überraschendes Ergebnis ihrer Analyse ist die Beobachtung,<br />

dass die Inversion nicht nur in der Literatursprache bzw. 'gehobenen' Schriftsprache sehr<br />

häufig sei, sondern auch in der gesprochenen Umgangssprache:<br />

Yet inversion is not only common in literary works or in novels written in a récit parlé style [...]. It<br />

is frequently to be heard in everyday speech of both a colloquial and a more elevated nature.<br />

(Clifford 1973: 437)<br />

Le Bidois (1952:411) registriert demgegenüber in der modernen gesprochenen Umgangssprache<br />

vielmehr das Bestreben "à se libérer de l'inversion, qui constitue pour l'usager ordinaire<br />

une construction artificielle ou prétentieuse". Sowohl Clifford als auch Le Bidois<br />

bleiben den Beweis für ihre Beobachtungen allerdings schuldig, da sich ihre Untersuchungen<br />

– ebenso wie alle bisher betrachteten Studien zur Wortstellung im Französischen –<br />

(fast) ausschließlich auf literarisches oder sonstiges schriftsprachliches Datenmaterial stützen.<br />

Somit bleibt auch die Frage unbeantwortet, ob und inwiefern in der gesprochenen<br />

französischen Umgangssprache eine Entwicklung dahingehend stattgefunden hat, dass es<br />

im Verlauf seiner Geschichte zu einem (allmählichen) Verlust der Inversion gekommen ist.<br />

Denkbar ist es durchaus auch, wie etwa Koopmann (1910:1) vermutet, dass "jene Umstellungen<br />

[...] wohl nie im Volke recht lebendig gewesen" sind.<br />

Dieser Vermutung Koopmanns steht eine weit verbreitete Ansicht gegenüber, die indirekt<br />

im obigen Zitat von Wartburg zum Ausdruck kommt. Hinter der Auffassung von einer<br />

'streng festgelegten' Wortstellung des Neufranzösischen steht nämlich die Annahme, dass<br />

das frühere Französische diese strenge Wortstellung noch nicht hatte und stattdessen durch<br />

eine "très grande liberté dans la construction des phrases" ausgezeichnet war (Wartburg<br />

1946:103). Nicht selten wird diese Freiheit mit einer (gewissen) Regellosigkeit gleichgesetzt:<br />

Vergleicht man das Altfranzösische mit dem Neufranzösischen, so ist man erstaunt, festzustellen,<br />

mit welcher Freiheit das Altfranzösische die Wörter anordnete. Da die altfranzösische Wortstellung<br />

nicht durch mehr oder weniger willkürliche Regeln "fixiert" war, konnte der Schriftsteller die<br />

10 Zur Verteidigung Wartburgs sei hier darauf hingewiesen, dass bereits in der zweiten Auflage seines<br />

Buches nur noch von einer "grande rigidité" der französischen Wortstellung die Rede ist<br />

(Wartburg 1937:253). Dies scheint Le Bidois jedoch nicht bemerkt zu haben. Denn obwohl Le<br />

Bidois (1952) in seiner Bibliographie Wartburgs Buch nach der dritten Auflage zitiert (Wartburg<br />

1946), stammt das Zitat, das er verwendet, aus der ersten Ausgabe (Wartburg 1934).<br />

11 Ebenso wie Le Bidois ist Clifford primär an der stilistischen Verwendung der Inversion interessiert.<br />

Der generative (transformationalistische) Ansatz wird explizit zurückgewiesen, was mit "its<br />

inevitable complexity as regards syntax, and its unproductiveness in the field of style" begründet<br />

wird (Clifford 1973:19).

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