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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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stimmte Konstruktionen häufiger und andere weniger häufig auftreten und dass es zu einem<br />

Wandel in der Häufigkeit dieser Konstruktionen gekommen ist. Die Schlussfolgerung jedoch,<br />

dass es sich hier um einen Wandel im Gebrauch der Grammatik dieser Sprache und<br />

nicht der Grammatik selbst handelt, basiert allein auf der Annahme, dass es erst ab einem<br />

bestimmten Prozentsatz der Auftretenshäufigkeit einer Konstruktion zu einem Wandel der<br />

Grammatik kommt. Eine empirische Bestätigung für diese Schlussfolgerung liefern die<br />

Daten jedoch nicht. Die angenommene Reanalyse könnte durchaus auch wesentlich früher<br />

eingetreten sein, als vermutet wird, und die beobachtete Veränderung hinsichtlich der Häufigkeit<br />

bestimmter Konstruktionen lediglich ein Reflex eines bereits längst eingetretenen<br />

grammatischen Wandels sein.<br />

Diese Feststellung führt zu einem weiteren für die generative historische Linguistik spezifischen<br />

Problem. Ausgehend von den Grundannahmen des Prinzipien- und Parametermodells<br />

stellt sich die Frage, ob es überhaupt berechtigt ist anzunehmen, dass das (vermehrte)<br />

Auftreten von Sätzen mit ambiger Struktur zu einem grammatischen Wandel führen kann.<br />

So ist beispielsweise bei den für das Französische vorgeschlagenen Analysen eines angenommenen<br />

Verb-Zweit-Stellungswandels vollkommen unklar, warum die Zunahme von<br />

(strukturell ambigen) SVX-Matrixsätzen dazu führen sollte, dass Kinder die Struktur dieser<br />

Sätze und schließlich die gesamte Satzstruktur des Französischen reanalysieren. Dagegen<br />

spricht die Tatsache, dass im erwachsenensprachlichen Input einer Verb-Zweit-Sprache<br />

auch in einer Phase, in der SVX-Konstruktionen die Mehrheit bilden, gleichzeitig stets auch<br />

Sätze existieren, die eindeutiger Bestandteil einer Verb-Zweit-Grammatik sind. Hierzu<br />

gehören, wie Platzack (1995:206) konstatiert, alle Sätze mit einem initialen Nicht-Subjekt,<br />

die in einer Verb-Zweit-Sprache – mit zugrunde liegender SVO-Stellung – als eindeutige<br />

Belege für eine V-nach-COMP-Bewegung dienen (cf. auch Weerman 1989:186):<br />

We thus have a situation where the language learner must have experienced a certain number of<br />

sentences [...] which unambiguously indicated the presence of verb second, and a bulk of sentences<br />

which were structurally ambiguous between a verb-second interpretation and a basic SVO<br />

interpretation. It is unclear why the language learners should ignore these unambiguous cases in<br />

favour of a particular interpretation of the ambiguous ones.<br />

Diese Beobachtung stimmt mit den Ergebnissen zahlreicher Untersuchungen zum kindlichen<br />

Erstspracherwerb überein (Carroll 1989, Weerman 1993, Gibson / Wexler 1994,<br />

Fodor 1998). Darin wird gezeigt, dass das Fixieren von Parametern nicht notwendigerweise<br />

abhängig von der Häufigkeit der im Input auftretenden Muster ist, sondern auf der Grundlage<br />

wenig salienter und wenig frequenter Inputdaten ausgelöst werden kann. Hier unterscheidet<br />

sich Spracherwerb, der sich durch Lernen vollzieht, von solchem, der auf dem<br />

Triggern von Eigenschaften basiert (Meisel 1995:14). Für letzteres ist lediglich die Tatsache<br />

entscheidend, dass es eindeutige Trigger gibt, die die Festlegung von Parametern auf<br />

einen bestimmten Wert bewirken. Mit anderen Worten, solange eindeutige Evidenz für die<br />

Fixierung auf einen bestimmten Parameterwert vorhanden ist, spielt die Tatsache, dass es<br />

im erwachsenensprachlichen Input gleichzeitig Daten gibt, die für die Parameterfixierung<br />

ambig sind, keine Rolle. Es kann dadurch auch nicht zu einer Umfixierung des Parameters<br />

kommen:<br />

The learning mechanism would change a parameter to a new value when and only when it encountered<br />

an unambiguous trigger for that value; parametrically ambiguous inputs would never induce<br />

a grammar change. (Fodor 1998:5)

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