Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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auch hinsichtlich des Erwerbsverlaufs sichtbar werden lässt. Während der Erstspracherwerb<br />
stets erfolgreich und nur durch wenige individuelle Unterschiede gekennzeichnet ist, führt<br />
der Zweitspracherwerb keineswegs immer zum Erfolg, sondern kann zu individuell sehr<br />
unterschiedlichen Ergebnissen führen, die von zahlreichen zusätzlichen Faktoren abhängig<br />
sind (z.B. Motivation, Zugang zu negativer Evidenz etc.), die beim Erstspracherwerb überhaupt<br />
keine Rolle spielen. Mit anderen Worten, die für den Erstspracherwerb charakteristische<br />
Diskrepanz zwischen dem zugänglichen – unterdeterminierten – Datenmaterial und<br />
der dabei erworbenen sprachlichen Kompetenz ist im Zweitspracherwerb nicht gegeben,<br />
d.h. es gibt auch keinen Anlass für die Annahme eines 'logischen Problems des Zweitspracherwerbs'.<br />
Damit fehlt die theoretische Rechtfertigung für die Annahme, dass der<br />
Zweitspracherwerb durch die Vorgabe universalgrammatischer Prinzipien oder das Fixieren<br />
von Parametern gesteuert ist (Bley-Vroman 1989, Meisel 1991). 5 Gegen diese Annahme<br />
sprechen auch zahlreiche empirische Untersuchungen. So lassen sich, wie Clahsen /<br />
Muysken (1989) am Beispiel des Erwerbs der Verb-Zweit-Stellungseigenschaft im Deutschen<br />
zeigen, deutliche Unterschiede zwischen dem Erst- und Zweitspracherwerb feststellen.<br />
Wie bereits erwähnt, erwerben Kinder die Verb-Zweit-Stellung im Deutschen sehr<br />
schnell und nahezu fehlerfrei (Clahsen 1982, Mills 1985, Meisel 1986, Penner 1992). Beim<br />
Erwerb des Deutschen durch Zweitspracherwerber ist demgegenüber weder ein plötzlicher<br />
Erwerbssprung noch ein fehlerfreier Erwerb der Verb-Zweit-Stellung zu konstatieren<br />
(Clahsen / Meisel / Pienemann 1983). Diese Beobachtungen lassen sich durch die Annahme<br />
erfassen, dass der schnelle und fehlerfreie Erwerb der Verb-Zweit-Eigenschaft durch das<br />
(einmalige) Fixieren des entsprechenden Parameterwertes ermöglicht wird. Bei einem späteren<br />
Erwerb dieser Eigenschaft während des Erlernens einer Fremdsprache ist diese Möglichkeit<br />
hingegen nicht mehr gegeben:<br />
[...] in order to explain the deterministic character of the process of L1 acquisition, one may want<br />
to assume that even in the period of childhood children are not allowed to go on resetting parameters<br />
continually. If parameter setting is restricted in general in this way, L2 acquisition, including<br />
the acquisition of foreign languages, can never be a case of parameter setting and should be dependent<br />
on other cognitive prinicples. (Weerman 1993:906)<br />
Für eine generative Theorie des Sprachwandels kann aus diesen Beobachtungen gefolgert<br />
werden, dass der Wechsel parametrisch festgelegter Eigenschaften ausschließlich durch<br />
eine von Kindern während des Erstspracherwerbs durchgeführte Reanalyse erfolgen muss.<br />
5 Diese Beobachtung kann, wie Meisel (1991:235f.) betont, als das entscheidende Argument gegen<br />
die von einigen Zweitspracherwerbsforschern, wie z.B. White (1985), vertretene Annahme gesehen<br />
werden, wonach die Universalgrammatik auch beim Erwerb einer Zweitsprache als genetisch<br />
determinierter Spracherwerbsmechanismus zur Verfügung steht:<br />
"[...] the logical problem of language acquisition constitutes a major, if not the decisive, argument<br />
in favor of the claim that the child is endowed with a-priori knowledge about possible grammars,<br />
that is, UG. If this argument does not apply to L2 acquisition, the burden of proof rests, indeed, on<br />
the proponents of the UG/L2 hypothesis; in other words, it is not sufficient simply to demonstrate<br />
that UG principles can account for certain facts as well as other explanations can. Rather, one<br />
would have to give additional support for the assumption that UG is accessible for L2 learners. To<br />
my knowledge, very little has appeared in print which might be considered evidence of this sort.<br />
[...] In other words, the UG/L2 hypothesis appears to be insufficiently motivated in terms of<br />
epistemological reflections."