Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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14<br />
(Harris / Campbell 1995, Roberts 1993). Grundlegend für die generative Sprachwandelanalyse<br />
ist die Annahme, dass es Sprachwandelerscheinungen gibt, die plötzlich und abrupt<br />
eintreten ("catastrophic changes", Lightfoot 1991, 1997a). Sie werden entweder als das unmittelbare<br />
Resultat einer 'radikalen' Reanalyse erfasst oder als Folge einer Reanalyse, die<br />
erst später in eine abrupte Änderung, d.h. in die endgültige Aufgabe einer ursprünglichen<br />
Konstruktion, mündet. In beiden Fällen wird angenommen, dass einzelne Parameterwerte<br />
eine Umfixierung erfahren, wodurch eine Änderung des gesamten grammatischen Systems<br />
ausgelöst wird:<br />
[...] we have seen that in generative work on change, the emphasis is on abrupt change. This is<br />
primarily a consequence of the theoretical framework. Since parameter settings are typically an<br />
all-or-nothing phenomenon, a new parameter setting will represent an abrupt change in the I-language<br />
of the speaker with respect to those of the speakers in her language environment. (Kemenade<br />
/ Vincent 1997:4)<br />
Somit kann ein Vorteil einer auf der generativen Prinzipien- und Parametertheorie basierenden<br />
Sprachwandeltheorie darin gesehen werden, dass bestimmte Phänomene der diachronen<br />
Variation auf eine grundsätzlich andere Weise als in bisherigen Sprachwandeltheorien<br />
erfasst werden können. Die Attraktivität der Prinzipien- und Parameter-Theorie für eine<br />
Theorie des Sprachwandels, die Sprachwandelphänomene Vorgängen im kindlichen<br />
Spracherwerb zuschreibt, liegt außerdem insbesondere darin, dass sie auf Beobachtungen<br />
aus dem Erstspracherwerb beruht und diese zu erklären versucht. Damit besteht für eine<br />
generative Sprachwandelforschung auch die Möglichkeit, selbst einen Beitrag zur Erforschung<br />
des logischen Problems des Spracherwerbs zu leisten, da auf Grund der Ergebnisse<br />
aus der Sprachwandelforschung möglicherweise Rückschlüsse auf Prozesse des kindlichen<br />
Spracherwerbs gezogen werden können. Dies gilt auch im Hinblick auf die Theorie der<br />
Parameter, deren Funktionsweise noch weitgehend ungeklärt ist, da einerseits bislang<br />
"[g]rundsätzliche Überlegungen zur Natur solcher Parameter [...] weitgehend [fehlen]"<br />
(Lenerz 1993:1173) und andererseits die konkrete Ausformulierung einzelner Parameter –<br />
auch des hier betrachteten Verb-Zweit-Parameters – bislang nur in Ansätzen gelungen ist.<br />
Eine generative Untersuchung des Wandels von Parametern könnte hier einen zentralen<br />
Beitrag für die Weiterentwicklung der Parametertheorie liefern:<br />
Diachrone Untersuchungen könnten hier entscheidende Evidenz erbringen, so daß durch weitere<br />
diachrone Forschung sowohl das Verständnis des Sprachwandels wie der Grammatiktheorie zu<br />
fördern wäre. (Lenerz 1993:1173)<br />
Lenerz stellt allerdings fest, dass die historische generative Syntax bislang nur wenig zu einem<br />
tieferen Verständnis von Sprachwandel und Parametern beigetragen hat und äußert die<br />
Befürchtung, dass dieser "Dornröschenschlaf" der diachronen generativen Syntax noch längere<br />
Zeit anhalten wird. Seine Skepsis führt Lenerz (1993:1173) auf die "fehlende diachrone<br />
Ausbildung der meisten generativen" Linguisten zurück. Von den diachron geschulten<br />
Linguisten erwartet Lenerz (1993:1173) aber auch "kaum [...] eine baldige durchgreifende<br />
Änderung", da diese über eine "mangelnde generative Ausbildung" verfügen. 6<br />
6 Noch pessimistischer ist die Sichtweise von Werner (1993). In einer profunden Kritik bisheriger<br />
Sprachwandeltheorien stellt er fest, dass diese Theorien u.a. deshalb als inadäquat anzusehen sind,<br />
weil sie auf linguistischen Modellen basieren, die nicht in der Lage sind, in angemessener Weise