Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft
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Ein anderer Versuch, der Parameterwechsel als Resultat einer Sprachkontaktsituation ansieht,<br />
geht auf eine Studie von Weerman (1993) zurück. Darin wird versucht, die unterschiedliche<br />
Entwicklung der Objekt-Verb-Stellung zwischen Englisch und Niederländisch<br />
darauf zurückzuführen, dass das Altenglische – bedingt durch die Wikingerinvasion in der<br />
Zeit zwischen 800 bis 1050 – sehr starkem Einfluss des (Alt)-Nordischen ausgesetzt war. In<br />
ähnlicher Weise argumentieren auch Kroch / Taylor (1997), um die Entwicklung der Verb-<br />
Zweit-Stellung im Englischen zu erfassen. 6 Wie bereits gesehen, unterscheiden diese Autoren<br />
zwischen einem nördlichen und einem südlichen Dialekt des Mittelenglischen. Ihren<br />
Beobachtungen zufolge besteht ein Unterschied zwischen beiden Dialekten im System der<br />
Person- und Numeruskongruenzmarkierung, die im Nordmittelenglischen morphologisch<br />
schwächer ausgeprägt ist als im südlichen Dialekt des Mittelenglischen sowie im Altenglischen.<br />
Sie vermuten, dass diese Vereinfachung "the result of imperfect second-language<br />
learning of English by the Norse invaders of the ninth to eleventh centuries" ist (Kroch /<br />
Taylor 1997:318):<br />
The appearance of Norse-origin grammatical markers in the northern dialect [...] is clear evidence<br />
that second-language learners with an imperfect command of English grammar were a sufficiently<br />
large fraction of the population in the North to pass on their mixed language to succeeding generations,<br />
what is traditionally known as a substratum effect. One feature of imperfect learning, as is<br />
well known, is the imperfect acquisition of inflectional endings; and the northern M[iddle]<br />
E[nglish] endings seem to have originated in this way.<br />
Diese morphologische Reduktion des Systems der Flexionsmarkierung ist nach Ansicht von<br />
Kroch / Taylor (1997) für die Entwicklung der Verb-Zweit-Stellung im Nordenglischen<br />
verantwortlich. Ihre Analyse basiert auf der Annahme, dass die V-nach-INFL-Bewegung<br />
von morphologisch reichen Flexionsmerkmalen abhängig ist. Auf Grund des mangelnden<br />
'Reichtums' dieser Merkmale kann ihrer Ansicht nach nun ein nach INFL angehobenes<br />
Verb keine offene Spezifizierer-Kopf-Kongruenz zu einem in SpezIP vorhandenden Topik<br />
herstellen, so dass die Anhebung nach COMP erfolgen muss. Demzufolge führt eine –<br />
durch Sprachkontakt hervorgerufene – Reduktion des verbalen Kongruenzsystems dazu,<br />
dass eine ursprüngliche "IP-V2-Grammatik" zu einer "CP-V2-Grammatik" reanalysiert<br />
wird (Kroch / Taylor 1997:318).<br />
In ähnlicher Weise versucht Weerman (1993:922) die unterschiedliche Entwicklung des<br />
Englischen im Vergleich zum Niederländischen hinsichtlich der Stellung von Objekt und<br />
Verb auf eine "substantial L2 acquisition influence" zurückzuführen. Es geht ihm vor allem<br />
um die Beantwortung der von ihm als "(17b)" gekennzeichneten Frage, warum nur im<br />
Englischen, aber nicht im Niederländischen ein Wandel von einer OV- zu einer VO-Stellung<br />
stattgefunden hat (Weerman 1993:912):<br />
Thus, in contrast to what we see in the Netherlands during the Middle Dutch period, a substantial<br />
L2 acquisition influence is probable in Old English. Given what we know of the susceptibility of<br />
OV languages with V2 to VO overgeneralizations under L2 acquisition, I propose that this is deci-<br />
6 Merkwürdigerweise nehmen die Autoren dabei nicht Bezug auf die Arbeit von Weerman (1993).<br />
Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Lightfoot (1997b:266), der Weermans Studie<br />
ebenfalls ignoriert, die Untersuchung von Kroch / Taylor (1997) als "striking new analysis" bezeichnet.