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Untitled - Fachbereich Sprachwissenschaft

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sie nach Meyer-Lübke (1899:797) durch eine zweite Regel "gekreuzt [wird], wonach in der<br />

Aussage unter allen Umständen das Subjekt dem Verbum voranzugehen hat".<br />

In Richters Untersuchung geht es weniger um die Entwicklung innerhalb der romanischen<br />

Sprachen als primär – wie der Titel sagt – um die Entwicklung der Wortstellung der<br />

romanischen Sprachen aus dem Lateinischen. Richter (1903:1) weist zunächst darauf hin,<br />

dass bei einem Vergleich der romanischen Wortstellung mit der des klassischen Lateins<br />

"als Hauptunterschied ihre grössere Einfachheit, ihre übersichtlichere Anordnung der<br />

logisch zusammengehörigen Teile" auffällt. Ihre zentrale Beobachtung und These, die sie<br />

an Hand umfangreichen Beispielmaterials belegt, ist allerdings die, dass bereits innerhalb<br />

des frühesten Lateins die 'einfachere' romanische Wortstellung existierte:<br />

Gehen wir aber den Belegen für R[omanische] W[ortstellung] in ihrer ganzen Ausdehnung nach,<br />

so zeigt es sich, dass sie sich nicht erst in Texten findet, die in romanischer Zeit geschrieben, bereits<br />

den Wiederschein des Romanischen geben, auch nicht erst in solchen, die das Lateinische im<br />

Stadium der Auflösung zeigen, sondern in Texten, die ein lautlich und formell tadelloses Latein<br />

aufweisen, und die daher geeignet sind, den Beweis zu geben, dass die R[omanische] W[ortstellung]<br />

sich tief aus der L[ateinischen] heraus entwickelt hat. (Richter 1903:3)<br />

Richter (1903:12) unterscheidet vier lateinische Wortstellungstypen, die sich "bis in die Gegenwart<br />

oder wenigstens bis an den Beginn der neusprachlichen Periode" erhalten haben:<br />

Adverb – Verb, Objekt – Verb, Prädikat – Verb und Verbum infinitum – Verbum finitum.<br />

Die in den romanischen Sprachen zu beobachtende Inversion von Subjekt und Verb, auf die<br />

Richter (1903:134-157) in einem gesonderten Kapitel eingeht, kann nach Richter<br />

(1903:150) nicht auf das Lateinische zurückgeführt werden, da dort "das Verb immer am<br />

Ende steht, die anderen Glieder mögen beliebig geordnet sein, je nach der Betonung, die sie<br />

haben sollen". Erst die allmähliche Verschiebung der Position des Verbs von der Endstellung<br />

zur Satzmitte hin, die nach Ansicht von Richter (1903:45) auf einem "inneren –<br />

psychologischen – Gesetz" beruht, und die damit verbundene "Auffassung Subjekt-<br />

Verb-Übriges, ermöglicht eine Inversion im romanischen Sinne, und sie erklärt sich wohl<br />

am einfachsten aus der Umkehrung des ganzen Satzes [...]" (Richter 1903:150):<br />

[...] wenn eines der Satzglieder von seinem gewöhnlichen Platze genommen wird, so ist die Reihenfolge<br />

der übrigen auch gestört; die erste Verschiebung zieht noch andere nach sich: Wird das<br />

Subjekt aus irgend einem rhetorischen oder psychologischen Grunde von der ersten Satzstelle gerückt,<br />

so kann es nicht mehr vor dem Verb stehen, wenn das nun den Satz eröffnende Wort – Adverb,<br />

Objekt oder Prädikat – mit dem Verb begrifflich zu eng verbunden ist, als dass es vom Verb<br />

getrennt werden könnte. Folglich rückt das Subjekt in so einem Falle an die Stelle nach dem<br />

Verb. (Richter 1903:140)<br />

Die meisten anderen traditionellen romanistischen Wortstellungsuntersuchungen widmen<br />

sich ausschließlich einer Einzelsprache, und zwar vorwiegend dem Französischen. Allenfalls<br />

werden Vergleiche zwischen zwei romanischen Sprachen angestellt (Crabb 1955).<br />

Auch in der modernen, generativen Sprachwandelforschung wird die Wortstellung romanischer<br />

Sprachen vorwiegend unter einzelsprachlichen Aspekten untersucht, wobei auch hier<br />

die Untersuchung des Französischen deutlich im Vordergrund steht. Eine Ausnahme bilden<br />

vor allem die Arbeiten aus der Schule um Lorenzo Renzi, in denen das Italienische und<br />

auch das Gesamtromanische im Mittelpunkt stehen (cf. Vanelli / Renzi / Benincà 1985,<br />

Benincà 1994 oder Salvi 1993, 2001).<br />

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