Potenzialanalyse Seniorenwirtschaft - Regionalverband ...
Potenzialanalyse Seniorenwirtschaft - Regionalverband ...
Potenzialanalyse Seniorenwirtschaft - Regionalverband ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Aufgrund der uneinheitlichen Entwicklung lassen sich nur schwer eindeutige<br />
Altersbegriffe bzw. Altersbilder formulieren. Bei der Beschreibung von<br />
Alterungsprozessen schwingt unbewusst oder bewusst eine normative<br />
Altersgrenze mit. Der individuelle Lebenslauf wird häufig in Lebensphasen<br />
unterteilt, die einen Höhepunkt und eine Abnahme oder einen Abbau beinhalten.<br />
Die Bewertung dieser Vorgänge manifestiert sich in den Altersbegriffen<br />
und -bildern. Diese unterliegen einem deutlichen gesellschaftlichen<br />
Wandel. Insbesondere in den letzten 30 Jahren haben sich tradierte<br />
Altersbilder und dadurch auch die Altersbegriffe stark verändert.<br />
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird als Senior bezeichnet, wer die<br />
“Altersgrenze“ erreicht und seine Berufstätigkeit beendet hat. Als das<br />
Deutsche Reich unter Bismarck am Ende des 19. Jahrhunderts die Altersversorgung<br />
einrichtete, wurde die Altersgrenze auf 70 Jahre festgelegt.<br />
Das entsprechende Altersbild eines zufriedenstellenden Lebensabends<br />
bestand darin, von den Nachkommen versorgt und gepflegt zu werden,<br />
nicht mehr arbeiten zu müssen, passiv, als Zuschauer, in den Genuss von<br />
sozialen Aktivitäten zu gelangen.<br />
Dieses Altersbild hat sich heute radikal geändert. Während der Bearbeitung<br />
der Studie traten in Hannover die Rolling Stones mit dem 63-jährigen<br />
Leadsänger Mick Jagger auf, am selben Tag war eine 53-jährige Ärztin<br />
aus Nikolausberg über 5000 Meter schnellste Frau beim Altstadtlauf in<br />
Göttingen. Mit sieben Weltmeister- und sechs Europameistertiteln scheut<br />
ein 63-jähriger Sportdozent der Universität Göttingen keine sportliche<br />
Konkurrenz von Studenten, die 40 Jahre jünger sind als er.<br />
Für viele ältere Menschen ist der Seniorenbegriff also nicht mehr passend.<br />
Die Gesprächsrunden im Landkreis Göttingen bestätigten dies: Eine ca.<br />
60 Jahre alte Frau erlebte es als stigmatisierend, als Seniorin bezeichnet<br />
zu werden. Sie würde gerne als Jungseniorin angesprochen werden. Hier<br />
müsse ein Umdenken stattfinden. In einem anderen Gespräch wurde<br />
betont, dass das Wort “alt“ in unserer Gesellschaft immer noch negativ<br />
besetzt sei. Der Begriff „junge Menschen“ sei gesetzlich definiert, nicht<br />
aber der Begriff „Senior“. „Es wird immer nur von Alten gesprochen oder<br />
von Grufties. Da kommt man gar nicht gegen an. Eigentlich müssten wir<br />
die Jüngeren öfter zur Rede stellen und etwas gegen die Diskriminierung<br />
tun. Der Jugendwahn ist doch eigentlich ungebrochen.“<br />
Aufgrund verschiedener Formen von Vorruhestandsregelungen, Frühverrentung<br />
und Altersteilzeit beenden heute viele Menschen ihre Berufstätigkeit<br />
mit 55 oder 58 Jahren. Statistisch haben sie dann noch etwa ein<br />
Drittel ihres Lebens vor sich. Durch die Verlängerung des Ruhestandes,<br />
4 Damals erreichten nur zwei Prozent der Bevölkerung dieses Lebensalter. Die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung betrug 45 Jahre. Die Altersgrenze wurde erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg auf 65<br />
Jahre reduziert.<br />
5 Ob dies von den Betroffenen auch so zufriedenstellend erlebt wurde (und wird), sei dahingestellt.<br />
6 Gesprächsrunde am 30. Juni 2006 mit dem Seniorenbeirat Dransfeld<br />
7 In Schweden gibt es speziell für den Bereich der <strong>Seniorenwirtschaft</strong> im direkten Vergleich zu deutschen<br />
Verhältnissen einige Unterschiede. Als Erstes fällt auf, dass Ältere und Altern in der sehr egalitären<br />
schwedischen Gesellschaft weniger negativ belegt sind. Durch die “schwedische Reichsorganisation<br />
der Rentner“ (Pensionärernas Riksorganisation, PRO) verfügen die Senioren über eine starke Lobby und<br />
einen mit einer Gewerkschaft vergleichbaren Einfluss.<br />
8 Gesprächsrunde am 1. Juni 2006 in Rosdorf<br />
27<br />
SeniorInnen in der<br />
Gesellschaft