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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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Tabelle 38: Von den Schulschwänzern berichtete Gründe für das Schwänzen nach Geschlecht <strong>und</strong> Schulform,<br />

9. Jahrgangsstufe (<strong>in</strong> %; gewichtete Daten; nur Schulschwänzer)<br />

Gesamtweiblichmännlich<br />

FS HS RS GS Gym/<br />

WS<br />

Ausschlafen/verschlafen 50,5 52,0 48,8 51,0 54,9 60,9 48,8 43,5<br />

Schlechte Stimmung 38,9 41,6 36,0 28,6 35,9 38,6 39,0 41,3<br />

Fre<strong>und</strong>e haben das auch gemacht 30,2 35,9 23,8 38,3 26,7 32,8 32,8 28,4<br />

Klassenarbeit nicht mitschreiben 27,0 26,7 27,5 23,4 24,8 35,8 27,1 23,6<br />

Hausaufgaben nicht gemacht 19,8 19,1 20,5 21,3 16,9 27,0 16,9 18,5<br />

Mit Lehrer nicht zurechtgekommen 18,2 15,5 21,1 28,6 26,2 22,4 16,5 11,9<br />

Schule zu schwierig 7,9 8,0 7,6 6,5 5,6 11,6 6,8 7,6<br />

Von Mitschülern gehänselt 3,7 3,7 3,7 16,7 6,4 3,4 2,5 1,8<br />

Zu Hause mithelfen 3,0 2,2 3,8 12,8 5,5 3,4 2,5 1,0<br />

Von anderen Schülern mit Gewalt bedroht 1,6 1,6 1,5 12,5 3,0 1,5 0,8 0,2<br />

Geld verdienen 1,3 0,3 2,3 4,3 2,5 1,1 0,4 0,8<br />

FS = Förderschule, HS = Hauptschule, RS = Realschule, GS = Gesamtschule, Gym/WS = Gymnasium, Waldorfschule<br />

E<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen Schulschwänzen <strong>und</strong> anderen Formen der Del<strong>in</strong>quenz kann<br />

erneut mit den Daten der <strong>Hannover</strong>befragung bestätigt werden. Dabei gilt, genau wie im H<strong>in</strong>blick<br />

auf den Drogenkonsum, dass verschiedene Deutungen des Zusammenhangs möglich<br />

s<strong>in</strong>d, wobei zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Ermöglichungs- von e<strong>in</strong>er persönlichkeitsbezogenen Sichtweise<br />

unterschieden werden kann. Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ermöglichungshypothese ist anzunehmen, dass<br />

sich Jugendliche, die nicht die Schule besuchen, erweiterte Spielräume für deviantes Verhalten<br />

eröffnen. Da sie sich <strong>in</strong> der Regel nicht zu Hause aufhalten können, müssen sie die Wohnung<br />

verlassen. Alle<strong>in</strong> oder zusammen mit Fre<strong>und</strong>en treffen sie sich dann an von der Kontrolle<br />

der Erwachsenen teilweise enthobenen Orten. E<strong>in</strong> beliebter Aufenthaltsort ist z.B. das<br />

Kaufhaus, wo zugleich verschiedenen Formen des Zeitvertreibs nachgegangen werden kann.<br />

Damit steigen aber auch die Möglichkeiten, z.B. Ladendiebstähle zu begehen oder schwarz zu<br />

fahren. Auch vandalistische Taten oder Graffitisprayen können <strong>in</strong> diesem selbst geschaffenen<br />

Freiraum durchgeführt werden.<br />

Die persönlichkeitsbezogene Deutung nimmt demgegenüber an, dass nicht alle Jugendlichen<br />

gleichermaßen dem Risiko ausgesetzt s<strong>in</strong>d, die Schule zu schwänzen. Das Schwänzen wird<br />

hier vielmehr erachtet als Ausdruck e<strong>in</strong>es del<strong>in</strong>quenten Lebensstils. B<strong>in</strong>dungen an zentrale<br />

gesellschaftliche Normen s<strong>in</strong>d bei den Schwänzern u.a. als Resultat der Konfrontation mit<br />

<strong>in</strong>nerfamiliärer Gewalt weniger existent. Die Normübertretung <strong>in</strong> Form des Schulschwänzens<br />

ist begleitet von anderen Normbrüchen, z.B. der Ausübung personaler Gewalt. Dieses Verhalten<br />

wird dann meist noch gestützt durch e<strong>in</strong>e deviante Fre<strong>und</strong>esgruppe, <strong>in</strong> der sich die Jugendlichen<br />

bewegen. In diesem S<strong>in</strong>ne stellt das Schwänzen e<strong>in</strong>en Risikomarker für e<strong>in</strong>e mögliche<br />

Problemkarriere dar.<br />

Abbildung 38 zeigt, dass mit häufigerem Schwänzen alle betrachteten Delikte häufiger ausgeführt<br />

werden. Bereits das seltene Schwänzen steht mit e<strong>in</strong>er erhöhten Del<strong>in</strong>quenz im Zusammenhang.<br />

Besonders hohe Del<strong>in</strong>quenzraten s<strong>in</strong>d aber bei den Mehrfachschwänzern zu beobachten,<br />

die fünf oder mehr Tage die Schule geschwänzt haben. Sehr starke Beziehungen existieren<br />

zwischen der Schwänz<strong>in</strong>tensität <strong>und</strong> dem Diebstahl bzw. der Gewalt (<strong>in</strong>nerhalb <strong>und</strong><br />

außerhalb der Schule). Die Beziehungen kommen dabei nicht alle<strong>in</strong> deswegen zustande, weil<br />

Schulschwänzer häufiger Hauptschüler oder Mitglieder ethnischer M<strong>in</strong>derheiten s<strong>in</strong>d, die<br />

meist höhere Del<strong>in</strong>quenzraten aufweisen. Auch nach Kontrolle dieser möglichen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>faktoren<br />

bleibt e<strong>in</strong> eigenständiger Erklärungsbeitrag des Schwänzens auf Gewalt <strong>und</strong> Dieb-<br />

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