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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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4. Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren del<strong>in</strong>quenten Verhaltens<br />

Theoretische Ansätze zur Erklärung del<strong>in</strong>quenten Verhaltens <strong>und</strong> zahlreiche empirische<br />

Studien verdeutlichen, dass die Ursachen dieses Verhaltens auf verschiedenen Ebenen <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

verschiedenen Bereichen zu verorten s<strong>in</strong>d (vgl. Baier 2005, Fuchs et al. 2005, Jessor/Jessor<br />

1977, Raithel/Mansel 2003). Persönlichkeitsfaktoren oder der familiale <strong>und</strong> soziale<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> spielen dabei e<strong>in</strong>e ebensolche Rolle wie Merkmale der Fre<strong>und</strong>esgruppe oder<br />

schulische Faktoren (vgl. Eisner/Ribeaud 2003). Zudem wird verstärkt der Beitrag der<br />

Medien im Zusammenhang mit del<strong>in</strong>quentem, <strong>in</strong>sbesondere gewalttätigem Verhalten<br />

diskutiert (vgl. Kunczik/Zipfel 2004). Nachfolgend sollen systematisch entlang der<br />

verschiedenen Bereiche Faktoren vorgestellt werden, die im Rahmen der Schülerbefragung<br />

2006 erfasst wurden.<br />

4.1. Familie<br />

Die Erziehung <strong>in</strong> der Familie spielt für die Genese del<strong>in</strong>quenten Verhaltens e<strong>in</strong>e zentrale Rolle<br />

(vgl. Baier 2005, Pettit et al. 2001). Innerfamiliäre Gewalterfahrungen steigern empirisch<br />

nachweisbar das Risiko e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des, später selbst zu Gewalt zu greifen. Es ist aber nicht nur<br />

dieses offensichtlich negative Erziehungshandeln, dass mit der Del<strong>in</strong>quenz von K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong><br />

Jugendlichen <strong>in</strong> Beziehung steht. Neben <strong>in</strong>nerfamiliärer Gewalt hat auch das elterliche Kontrollverhalten<br />

e<strong>in</strong>en direkten <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkten E<strong>in</strong>fluss: Mangelnde elterliche Aufsicht wirkt<br />

sich negativ z.B. auf die Selbstkontrollfähigkeiten e<strong>in</strong>er Person aus (vgl. Gottfredson/Hirschi<br />

1990, Baier et al. 2006). Ger<strong>in</strong>ge Selbstkontrolle entsteht u.a. dann, wenn Eltern das Verhalten<br />

ihres K<strong>in</strong>des nur wenig kontrollieren, hohe Selbstkontrolle h<strong>in</strong>gegen bei starkem Monitor<strong>in</strong>g.<br />

Ferner werden von unzureichender elterlichen Kontrolle auch die Freizeitaktivitäten oder<br />

Fre<strong>und</strong>schaftsbeziehungen von K<strong>in</strong>dern bee<strong>in</strong>flusst. In Familien, <strong>in</strong> denen Gewalt gegenüber<br />

K<strong>in</strong>dern ausgeübt wird <strong>und</strong> Eltern sich kaum für ihre K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>teressieren, wird sozialkompetentes,<br />

gesetzeskonformes Verhalten nur unzureichend vermittelt. Deshalb ist zu erwarten, das<br />

sich e<strong>in</strong>e derartige Erziehung nicht nur <strong>in</strong> höherer Gewalttätigkeit des K<strong>in</strong>des, sondern ebenso<br />

<strong>in</strong> anderen del<strong>in</strong>quenten Verhaltensbereichen niederschlägt.<br />

Die Überlegung e<strong>in</strong>er del<strong>in</strong>quenzübergreifenden Wirkung elterlicher Erziehung wird am Beispiel<br />

der Gewalterfahrungen durch die Ergebnisse <strong>in</strong> Abbildung 19 bestätigt. Aufgenommen<br />

wurden dabei sechs verschiedene Verhaltens<strong>in</strong>dizes: Zwei beziehen sich auf Verhaltensweisen<br />

im Schulkontext (soziales Mobb<strong>in</strong>g, physische Gewalt), vier auf Verhalten <strong>in</strong>nerhalb des<br />

letzten Jahres <strong>in</strong> <strong>Hannover</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en. Der Index zur Gewalt setzt sich dabei zusammen<br />

aus den Verhaltensweisen Körperverletzung, Raub, Erpressung <strong>und</strong> Bedrohung mit Waffen;<br />

Diebstahl umfasst e<strong>in</strong>erseits den Ladendiebstahl, andererseits den Diebstahl von Eigentum<br />

e<strong>in</strong>er Person; als Sachbeschädigung werden sowohl vandalistische Taten als auch Graffitis<br />

betrachtet. Der Verkauf von Raubkopien wird als weitere Form del<strong>in</strong>quenten Verhaltens untersucht,<br />

weil dies zum ersten Mal <strong>in</strong> der Schülerbefragung 2006 erfragt wurde <strong>und</strong> bislang<br />

wenige Erkenntnisse zu den Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren vorliegen. Eher leichte elterliche Gewalt<br />

erfahren zu haben bedeutet, dass e<strong>in</strong> Schüler entweder <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit oder <strong>in</strong> den letzten 12<br />

Monaten hart angepackt oder gestoßen wurde, dass er e<strong>in</strong>en Gegenstand nachgeworfen bekommen<br />

hat oder von se<strong>in</strong>en Eltern geohrfeigt wurde. Erfahrungen schwerer Gewalt umfas-<br />

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