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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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hergeht. Alle anderen Freizeitaktivitäten können nicht als Del<strong>in</strong>quenz fördernd oder senkend<br />

e<strong>in</strong>gestuft werden; so erweist sich das Sporttreiben nicht, wie dies z.T. vermutet wird 41 , als<br />

Schutzfaktor; d.h. Jugendliche, die häufig Sporttreiben, reagieren dabei ihre aggressiven Impulse<br />

sche<strong>in</strong>bar nicht derart ab, dass sie jenseits des Sports durch ger<strong>in</strong>gere Gewaltbereitschaft<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten. E<strong>in</strong>zig bei den Mädchen zeigt sich, dass diejenigen Befragten,<br />

die häufiger Sport treiben, weniger Eigentumsdelikte begehen. 42<br />

Tabelle 26: Freizeitaktivtäten als Erklärungsfaktoren del<strong>in</strong>quenten Verhaltens (logistische Regression;<br />

abgebildet: Exp(B); gewichtete Daten)<br />

80<br />

Gewaltverhalten<br />

Mädchen<br />

Gewaltverhalten<br />

Jungen<br />

Diebstahl<br />

Mädchen<br />

Diebstahl<br />

Jungen<br />

Lesen 0.871** 0.765*** 0.888*<br />

Computerspielen<br />

Musik machen<br />

Sport treiben 0.880*<br />

außerhäusliche Aktivitäten 1.712***<br />

E<strong>in</strong>kaufzentren, Kaufhäuser 1.263*<br />

Café, Kneipe, Bar 1.234* 1.334**<br />

Diskotheken 1.334* 1.713*** 1.256*<br />

Jugendclub, Jugendzentrum 1.488** 1.596*** 1.308** 1.213*<br />

Nagelkerkes R² .228 .239 .121 .065<br />

N 1634 1597 1611 1571<br />

* p < .05, ** p < .01, *** p < .001, Kontrolle von Alter, ethnischer Herkunft <strong>und</strong> Schulform<br />

Bislang wurde e<strong>in</strong>e Freizeitaktivität nur h<strong>in</strong>sichtlich des zeitlichen Umfangs betrachtet: der<br />

Medienkonsum. Fernsehen ist, nach den oben dokumentierten Analysen, die von <strong>Hannover</strong>aner<br />

Schülern am häufigsten ausgeübte Freizeittätigkeit. Computerspielen <strong>und</strong> Internetsurfen<br />

stellt daneben für e<strong>in</strong>en nicht unwesentlichen Anteil der Jugendlichen ebenfalls e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Beschäftigung dar. Wie aus Tabelle 26 hervorgeht, steht die re<strong>in</strong>e Dauer des Medienkonsums,<br />

hier abgebildet durch das Computerspielen, nicht mit der Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft <strong>in</strong> Beziehung.<br />

Dies ist kompatibel mit Bef<strong>und</strong>en, die wir bereits <strong>in</strong> der Schülerbefragung 2005 erzielen<br />

konnten (vgl. Baier et al. 2006, S. 164ff). Für die Erklärung von Verhaltensweisen s<strong>in</strong>d<br />

allerd<strong>in</strong>gs die Inhalte des Spielens bzw. des Fernsehens wichtigere E<strong>in</strong>flussfaktoren.<br />

Obwohl <strong>in</strong> der wissenschaftlichen Forschung umstritten ist, ob gewalthaltige Medien <strong>und</strong> del<strong>in</strong>quentes<br />

Verhalten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zusammenhang stehen bzw. welche konkreten Mechanismen<br />

für e<strong>in</strong>e Beziehung verantwortlich se<strong>in</strong> können, so ist man sich zum<strong>in</strong>dest dah<strong>in</strong>gehend e<strong>in</strong>ig,<br />

dass die Annahme e<strong>in</strong>er generellen Ungefährlichkeit von Medien<strong>in</strong>halten nicht aufrechterhalten<br />

werden kann (vgl. Anderson/Bushman 2001, Fuchs et al. 2005, Kunczik/Zipfel 2004). E<strong>in</strong><br />

Zusammenhang zwischen Medienkonsum <strong>und</strong> del<strong>in</strong>quenten Verhalten wird dabei u.a. mit der<br />

Habitualisierungsthese erklärt, der zufolge der regelmäßige <strong>und</strong> häufige Konsum von Mediengewalt<br />

die Sensibilität gegenüber Gewalt verr<strong>in</strong>gern kann, Aggression wird langfristig als<br />

Alltagsphänomen betrachtet (vgl. Kunczik/Zipfel 2004). Als empirisch überprüft gelten weiterh<strong>in</strong><br />

die sozial-kognitiven Lerntheorien (vgl. Kunczik/Zipfel 2004), die auf Arbeiten von<br />

Bandura (1977) zurückgehen. Ausgangspunkt dieser Theorien ist die Annahme, dass Men-<br />

41 Vgl. für e<strong>in</strong>e Übersicht zum Thema Sport <strong>und</strong> Gewalt u.a. Dunn<strong>in</strong>g (2002).<br />

42 Wenn die <strong>in</strong> Tabelle 26 abgebildeten Modelle nur für deutsche Jugendliche berechnet werden, ergeben sich<br />

weitestgehend kompatible Bef<strong>und</strong>e. Von den Aktivitäten Computerspielen <strong>und</strong> Musik machen gehen auch dann<br />

ke<strong>in</strong>e signifikanten Effekte auf die Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft aus.

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