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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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walt greifen, sondern auch häufiger Diebstähle begehen <strong>und</strong> Raubkopien verkaufen. Das<br />

Vorleben des Normenbruchs durch die Eltern führt also dazu, dass auch andere Normen<br />

(jenseits des Gewaltverbots) weniger respektiert werden (vgl. Rabold/Baier 2007). Andererseits<br />

sche<strong>in</strong>t das häufige Erleben anderer familiärer Stressoren (Trennung der Eltern,<br />

Tod e<strong>in</strong>es Elternteils, Umzug) die normativen B<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>es Jugendlichen zu schwächen:<br />

Schüler, die häufiger von diesen Erlebnissen berichten, neigen häufiger zum Mobb<strong>in</strong>g,<br />

zum Diebstahl <strong>und</strong> zur Sachbeschädigung. Schüler, die <strong>in</strong> Familien mit Sozialhilfebezug<br />

aufwachsen, begehen unerwarteter Weise seltener vandalistische Taten. Und Jugendliche<br />

mit hohem Kulturkapital begehen – ebenfalls unerwartet – tendenziell häufiger<br />

schulische Gewalttaten <strong>und</strong> Sachbeschädigungen. Beide Effekte s<strong>in</strong>d aber eher ger<strong>in</strong>g,<br />

weshalb geschlussfolgert werden sollte, dass diese Faktoren die Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft<br />

kaum bee<strong>in</strong>flussen.<br />

- Schulbezogene Variablen s<strong>in</strong>d von hoher Bedeutung für die Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft. Bei<br />

drei der sechs Delikte erweisen sich die schlechteren Schüler (abgebildet über die Mathematiknote)<br />

als del<strong>in</strong>quenter als die guten Schüler. E<strong>in</strong>e hohe Schulb<strong>in</strong>dung reduziert mit<br />

Ausnahme des Verkaufs von Raubkopien durchweg die Bereitschaft zum Begehen illegaler<br />

Taten. Schüler, die sich wohl <strong>in</strong> der Schule fühlen, akzeptieren die Verhaltenserwartungen<br />

eher als jene Schüler, für die die Schule nur e<strong>in</strong>e lästige Pflicht ist. Schule kann für erstgenannte<br />

Schüler dann auch e<strong>in</strong>e positive Sozialisationsfunktion erfüllen. Jugendliche, bei<br />

denen <strong>in</strong> der Vergangenheit ADHS diagnostiziert wurde <strong>und</strong> die dementsprechend als verhaltensauffällig<br />

e<strong>in</strong>gestuft werden müssen, s<strong>in</strong>d vor allem im Bereich des Mobb<strong>in</strong>gs <strong>und</strong><br />

des Vandalismus auffällig.<br />

- Von den Freizeitaktivitäten geht ebenfalls e<strong>in</strong> substanzieller Effekt auf die Del<strong>in</strong>quenzbereitschaft<br />

aus. Das Lesen sche<strong>in</strong>t dabei für sich genommen von untergeordneter Bedeutung<br />

zu se<strong>in</strong>. Jugendliche, die e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Konsum von gewalthaltigen Medien betreiben<br />

oder die häufig <strong>in</strong> Diskos oder Jugendclubs/-zentren gehen, müssen h<strong>in</strong>gegen als besonders<br />

gefährdet gelten. Mit der Ausnahme des sozialen Mobb<strong>in</strong>gs f<strong>in</strong>det sich jeweils für m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>en dieser Faktoren e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang mit den betrachteten Verhaltensweisen.<br />

- H<strong>in</strong>sichtlich der Persönlichkeitseigenschaften bestätigen sich weitestgehend die Bef<strong>und</strong>e<br />

aus Tabelle 34. Von zentraler Bedeutung für alle Verhaltensweisen ist die E<strong>in</strong>stellung der<br />

Gewaltakzeptanz. Jugendliche, die hier zustimmende Auffassungen vertreten, s<strong>in</strong>d acht-<br />

bis neunmal häufiger als ablehnende Jugendliche als Gewalttäter (<strong>in</strong> <strong>und</strong> außerhalb der<br />

Schule) <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten. Aber auch die Eigentumsdelikte werden von dieser Personengruppe<br />

m<strong>in</strong>destens doppelt so häufig begangen. E<strong>in</strong>e hohe Selbstkontrolle erweist<br />

sich ebenfalls bei fast allen Delikten als protektiver Faktor. Nur das Verkaufen von Raubkopien<br />

lässt sich nicht mit dieser Persönlichkeitseigenschaft <strong>in</strong> Zusammenhang br<strong>in</strong>gen.<br />

Werte der Selbststärkung schließlich schlagen sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er höheren Gewaltbereitschaft<br />

nieder. Die Träger dieser Werthaltungen s<strong>in</strong>d aber häufiger dazu bereit, Güter auf illegale<br />

Weise zu beschaffen. Zudem motivieren diese Werte dazu, anderen Schülern gegenüber<br />

sozial aggressiv aufzutreten. Eher <strong>in</strong>direkte, versteckte Aggressionsformen sche<strong>in</strong>en<br />

damit <strong>in</strong> besonderer Weise von Werthaltungen bee<strong>in</strong>flusst zu se<strong>in</strong>.

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