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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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Die Auswertungen der Fragebögen haben ergeben, dass nicht alle Jugendlichen mit dieser<br />

Abfrage zurecht gekommen s<strong>in</strong>d, weshalb die Auswertungen nur e<strong>in</strong>e erste Annäherung an<br />

das Phänomen darstellen können. In e<strong>in</strong>er weiteren Befragung 2007/2008 wurde diese Frage<br />

<strong>in</strong> den Themenkomplex zur letzten erlebten Tat e<strong>in</strong>gebaut <strong>und</strong> weniger komplex gestaltet. Die<br />

Ergebnisse dieser neueren Befragung werden sicherlich genauere Prävalenzschätzungen ermöglichen.<br />

Insgesamt haben 3.496 Jugendliche sowohl Aussagen über e<strong>in</strong>e Opfererfahrung im Bereich<br />

der Körperverletzungen <strong>und</strong> der sexuellen Gewalttaten bzw. Belästigungen als auch über das<br />

Fotografieren bzw. Filmen von derartigen Erfahrungen gemacht. Davon haben 644 (18,4 %)<br />

tatsächlich m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>es der vier Delikte erlebt, bei 101 Schülern wurde dabei fotografiert<br />

oder gefilmt. Dies bedeutet, dass 2,9 % aller Jugendlichen bzw. 15,7 % der Opfer im Bereich<br />

Körperverletzung <strong>und</strong> sexuelle Gewalt/Belästigung Erfahrungen mit dem Fotografieren bzw.<br />

Filmen von Übergriffen machen mussten. Legt man daneben die Inzidenzangaben zugr<strong>und</strong>e,<br />

so kann gefolgert werden, dass es bei jeder zwölften Tat aus diesem Bereich passiert ist, dass<br />

fotografiert oder gefilmt wurde. Bei Körperverletzungen gilt dies für jede zehnte, bei sexuellen<br />

Taten für jede dreizehnte Tat.<br />

3.1.2. Jugendliche als Opfer elterlicher Gewalt<br />

K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche, die (<strong>in</strong>sbesondere körperliche) Gewalt von Seiten der Eltern erfahren,<br />

haben e<strong>in</strong> deutlich höheres Risiko, später selbst Gewalt auszuüben (vgl. u.a. Lansford et<br />

al. 2007, Pfeiffer et al. 1999, Smith/Thornberry 1995, Simons et al. 2000, Yexley et al. 2002).<br />

Eltern, die Gewalt ausüben, vermitteln den E<strong>in</strong>druck, dass gewalttätiges Verhalten e<strong>in</strong> legitimes<br />

Mittel zur Lösung von Konflikten darstellt. Sie stellen zudem Verhaltensvorbilder dar,<br />

die verdeutlichen, wie <strong>in</strong> Konfliktsituationen zu reagieren ist. Darüber h<strong>in</strong>aus kann wiederholte<br />

Gewaltanwendung auch zu Schädigungen <strong>in</strong> der sozio-emotionalen Entwicklung führen,<br />

u.a. deshalb, weil bestimmte Gehirnregionen z.T. irreparabel verletzt werden. Gewaltanwendung<br />

<strong>in</strong> der Erziehung bee<strong>in</strong>flusst <strong>in</strong> negativer Weise die Herausbildung verschiedener Persönlichkeitsfaktoren,<br />

wie u.a. Wilmers et al. (2002, S. 226ff) am Beispiel der Konfliktlösekompetenz<br />

<strong>und</strong> der Empathiefähigkeit zeigen. Beide Persönlichkeitseigenschaften s<strong>in</strong>d deutlich<br />

schwächer ausgeprägt, wenn von elterlichen Gewalterfahrungen berichtet wird. Vor diesem<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ersche<strong>in</strong>t die Verbreitung von Opfererfahrungen nicht nur im außerhäuslichen<br />

Bereich, sondern auch im sozialen Nahraum (speziell durch die Eltern) von besonderem<br />

Interesse.<br />

Abbildung 9 zeigt, wie die <strong>in</strong>nerfamiliären Gewalterfahrungen im Fragebogen erfasst wurden,<br />

wobei sich „K<strong>in</strong>dheit“ auf die retrospektive Angabe von Gewalterfahrungen vor dem 12. Lebensjahr<br />

bezieht. Erfasst wurden die Gewaltformen für die zwei Referenzzeitpunkte (K<strong>in</strong>dheit<br />

<strong>und</strong> Jugend) über die E<strong>in</strong>schätzung der erlebten Häufigkeit folgender sechs Übergriffsformen:<br />

e<strong>in</strong>e runtergehauen, mit e<strong>in</strong>em Gegenstand geworfen, hart angepackt oder gestoßen, mit e<strong>in</strong>em<br />

Gegenstand geschlagen, mit der Faust geschlagen oder getreten, geprügelt oder zusammengeschlagen.<br />

E<strong>in</strong> Befragter hat selten eher leichte Formen elterliche Gewalt erlebt, wenn er<br />

selten (K<strong>in</strong>dheit) bzw. e<strong>in</strong>- oder zweimal (letzte 12 Monate) m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e der drei erstgenannten<br />

Übergriffe erlebt hat; wenn diese Erlebnisse mehr als selten bzw. mehr als e<strong>in</strong>- oder<br />

zweimal gemacht wurden, wird von häufigen Erfahrungen gesprochen. Von schweren Formen<br />

elterlicher Gewalt ist dann auszugehen, wenn Erlebnisse der drei letztgenannten Formen be-<br />

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