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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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<strong>in</strong> Bezug zur ersten Antwort. Diese Deutung ist aber nur dann plausibel, wenn die erste Antwort<br />

tatsächlich die verlässlichere ist.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Folge des Bef<strong>und</strong>es ist demgegenüber weniger voraussetzungsreich: Wenn die<br />

Angaben von Jungen, Förderschülern usw. weniger verlässlich s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> sich dennoch Zusammenhänge<br />

zwischen diesen Variablen <strong>und</strong> del<strong>in</strong>quenten Verhaltensweisen zeigen, dann<br />

wird das Ausmaß des jeweiligen Zusammenhangs bislang unterschätzt. Wenn also Jungen<br />

genauso verlässlich ihr Verhalten berichten würden wie Mädchen, würde das auf Basis von<br />

Umfragedaten bestimmte Risiko e<strong>in</strong>es Jungens, zum Täter zu werden, noch höher ausfallen<br />

als es bereits jetzt der Fall ist.<br />

Zusammengefasst belegt dieser Exkurs damit erstens, dass durchaus Zweifel an der Verlässlichkeit<br />

der Angaben der Schüler zu ihrem del<strong>in</strong>quenten Verhalten bestehen, dass man diese<br />

Zweifel aber verr<strong>in</strong>gern kann, wenn aus den Antworten zu verschiedenen Taten Indizes gebildet<br />

werden (z.B. Gewaltverhalten statt Raub). Zweitens variiert die Verlässlichkeit <strong>in</strong> nicht<br />

unerwarteter Weise mit bestimmten Merkmalen, die selbst wiederum mit Del<strong>in</strong>quenz <strong>in</strong> Beziehung<br />

stehen. Dies gibt zu der Folgerung Anlass, dass die auf Basis von Umfragedaten ermittelten<br />

Schätzungen eher konservativen Charakter haben. Zum e<strong>in</strong>en dürfte es etwas mehr<br />

Jugendliche geben, die tatsächlich del<strong>in</strong>quentes Verhalten ausgeführt haben; zum anderen<br />

dürften bestimmte Risikofaktoren e<strong>in</strong>en etwas höheren E<strong>in</strong>fluss haben, als wir ihn hier ermitteln<br />

können.<br />

3.2.2. Gewalttätiges Verhalten <strong>in</strong> der Schule<br />

Komplementär zur Viktimisierung <strong>in</strong>nerhalb der Schule wurde <strong>in</strong> der Schülerbefragung 2006<br />

auch nach der eigenen Täterschaft gefragt, wobei die Items spiegelbildlich aus der Täterperspektive<br />

formuliert wurden (vgl. Tabelle 15). Der e<strong>in</strong>zuschätzende Zeitraum war dabei ebenfalls<br />

das letzte Schulhalbjahr. Als Täter physischer Gewalt s<strong>in</strong>d 21,2 % der Befragten <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />

getreten (100 % -78,8 %), wobei das Schlagen <strong>und</strong> Treten anderer Schüler von<br />

allen Formen physischer Gewalt am häufigsten vorkommt. Bei den meisten Jugendlichen<br />

bleibt die Ausübung physischer Gewalt e<strong>in</strong>e eher seltene Erfahrung; die Mehrfachtäterrate für<br />

physische Gewaltformen beträgt nur 2,8 %. Insgesamt ergibt sich e<strong>in</strong> signifikant höherer Anteil<br />

an Tätern als an Opfern im Schulkontext (Abbildung 15) 24 , was damit zu begründen se<strong>in</strong><br />

könnte, dass die Gewalttaten im Schulkontext häufiger aus Gruppen heraus begangen werden<br />

<strong>und</strong> sich öfter gegen e<strong>in</strong>zelne Schüler richten.<br />

Gleiches ist für den Bereich der verbalen Gewalt zu vermuten: Auch hier s<strong>in</strong>d mehr Täter als<br />

Opfer <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten. Etwa jeder zweite Schüler hat dabei im letzten Schulhalbjahr<br />

e<strong>in</strong>en anderen Schüler gehänselt oder schlechte D<strong>in</strong>ge über ihn gesagt. Hier ist mit 8,9 % die<br />

höchste Mehrfachtäterquote zu konstatieren. E<strong>in</strong> ähnlich hoher Anteil an Tätern, zugleich aber<br />

e<strong>in</strong> deutlich ger<strong>in</strong>gerer Anteil an Mehrfachtätern existiert h<strong>in</strong>sichtlich des sozialen Mobb<strong>in</strong>gs:<br />

43,4 % aller Schüler haben m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e der aufgeführten Taten im letzten Schulhalbjahr<br />

begangen, 5,6 % tun dies m<strong>in</strong>destens mehrfach im Monat. Das Verbreiten von Gerüchten <strong>und</strong><br />

das Ignorieren anderer Schüler stellt bei dieser Aggressionsform die am häufigsten zu beo-<br />

24 Zur Prüfung der Signifikanz der Unterschiede wurden Varianzanalysen mit Messwiederholung berechnet.<br />

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