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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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Herkunft dargestellt. Besonders auffällig s<strong>in</strong>d dabei die türkischen Jungen: 41,5 % dieser<br />

Gruppe me<strong>in</strong>t, dass vom Vater ausgehende, <strong>in</strong>nerfamiliäre Gewalt legitim ist; über zwei Drittel<br />

(67,3 %) s<strong>in</strong>d sogar der Ansicht, dass Gewalt e<strong>in</strong> im Falle der Verteidigung der (Familien)Ehre<br />

gerechtfertigtes Mittel ist. Gerade dieser zweiten Dimension der GLMN stimmen<br />

auch zahlreiche russische <strong>und</strong> etwa die Hälfte der polnischen bzw. anderen Jungen zu. Bei<br />

den Mädchen s<strong>in</strong>d es ebenfalls die türkischen Schüler, die die höchsten Zustimmungswerte<br />

erreichen: Etwa jedes siebente türkische Mädchen erachtet <strong>in</strong>nerfamiliäre Gewalt als gerechtfertigt;<br />

über e<strong>in</strong> Drittel sieht <strong>in</strong> der Gewalt e<strong>in</strong>e adäquate Reaktionsform auf Beleidigungen.<br />

Deutsche Mädchen weisen neben den polnischen Mädchen hier die niedrigsten Zustimmungsquoten<br />

auf.<br />

Abbildung 28: Zustimmung zu Männlichkeitsnormen nach ethnischer Herkunft, 9. Jahrgangsstufe (<strong>in</strong> %;<br />

gewichtete Daten; fett: signifikant bei p < .05)<br />

88<br />

80,0<br />

60,0<br />

40,0<br />

20,0<br />

0,0<br />

1,6<br />

4,3<br />

deutsch<br />

<strong>in</strong>nerfamiliäre Gewalt Verteidigung der Ehre<br />

14,7<br />

41,5<br />

6,5<br />

13,3<br />

russisch<br />

1,1<br />

8,3<br />

polnisch<br />

7,9<br />

andere<br />

18,5<br />

12,0<br />

deutsch<br />

33,0<br />

37,9<br />

67,3<br />

35,5<br />

russisch<br />

62,7<br />

14,7<br />

polnisch<br />

53,7<br />

24,3<br />

andere<br />

44,0<br />

Mädchen<br />

Jungen<br />

Die Zustimmung zu diesen Männlichkeitsnormen ist e<strong>in</strong> starker E<strong>in</strong>flussfaktor jugendlichen<br />

Gewaltverhaltens, wie verschiedene Studien belegen konnten (Wilmers et al. 2002, Baier/Pfeiffer<br />

2007). Über die differenzielle Wirkung der beiden Subdimensionen liegen allerd<strong>in</strong>gs<br />

bislang ke<strong>in</strong>e Erkenntnisse vor. Abbildung 29 zeigt, dass – bezogen auf männliche Befragte<br />

– <strong>in</strong> allen drei unterschiedenen ethnischen Gruppen die Zustimmung zu GLMN die<br />

Bereitschaft zum Begehen von Gewalttaten erhöht. Während nur 17,0 % der deutschen Jungen<br />

<strong>in</strong> den vergangenen zwölf Monaten m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e Gewalttat begangen haben, die der<br />

Subdimension der <strong>in</strong>nerfamiliären Gewalt nicht zustimmten, waren es von den zustimmenden<br />

Deutschen doppelt so viele (30,2 %). Bei den türkischen <strong>und</strong> russischen Befragten fallen die<br />

Zusammenhänge im H<strong>in</strong>blick auf die erste Dimension der GLMN etwas schwächer aus. Bezüglich<br />

der zweiten Dimension s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen deutlichere Beziehungen erkennbar: Zustimmende<br />

deutsche <strong>und</strong> russische Jungen s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens dreimal häufiger als ablehnende Jungen<br />

als Gewalttäter <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getreten; bei den türkischen Jungen s<strong>in</strong>d es 2,3mal so viele.<br />

49 Insofern erweist sich die Vorstellung, bei (verme<strong>in</strong>tlichen) Angriffen auf die eigene Ehre<br />

bzw. die Ehre der Familie, mit Gewalt reagieren zu müssen, als besonders problematisch,<br />

höchstwahrsche<strong>in</strong>lich auch deshalb, weil dieses Verteidigungsmotiv nicht selten dann aktiviert<br />

wird, wenn <strong>in</strong> Konfliktsituationen diese Ehre eigentlich gar nicht angegriffen wird. E<strong>in</strong><br />

übertriebenes Ehrgefühl hat zur Folge, dass se<strong>in</strong> Träger immer <strong>und</strong> überall Angriffe wahr-<br />

49 Auch multivariate Analysen können belegen, dass die Subdimension der Ehrverteidigung stärker mit eigenem<br />

Gewaltverhalten <strong>in</strong> Beziehung steht als die der <strong>in</strong>nerfamiliärern Gewalt.

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