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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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über 2,5 aufweisen. Entsprechend dieser Kategorisierung s<strong>in</strong>d 11,3 % der Jugendlichen <strong>Hannover</strong>s<br />

als gewaltaff<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zustufen. Diese E<strong>in</strong>stellungen werden von männlichen Befragten<br />

mehr befürwortet als von weiblichen (17,2 zu 5,4 %), von türkischen Jugendlichen <strong>und</strong> auch<br />

anderen nichtdeutschen Gruppen mehr als von deutschen Jugendlichen (türkisch: 17,7 %,<br />

deutsch: 8,2 %) <strong>und</strong> schließlich von Förder- <strong>und</strong> Hauptschülern mehr als von Schülern aus<br />

Real- <strong>und</strong> Gesamtschulen bzw. Gymnasien/Waldorfschulen (Hauptschule: 19,5 %, Gymnasium/Waldorfschule:<br />

4,9 %).<br />

Tabelle 28: Item- <strong>und</strong> Skalenwerte der Skala „Gewaltakzeptanz“, 9. Jahrgangsstufe (gewichtete Daten)<br />

Item<br />

E<strong>in</strong> bisschen Gewalt gehört e<strong>in</strong>fach dazu, um Spaß<br />

zu haben.<br />

Der Stärkere muss sich durchsetzen, sonst gibt es<br />

ke<strong>in</strong>en Fortschritt.<br />

Wenn ich zeigen muss, was ich drauf habe, würde<br />

ich auch Gewalt anwenden.<br />

86<br />

Mittelwert <br />

Standardabweichung <br />

Faktorladung <br />

Trennschärfekoeffizient<br />

1.52 0.83 .83 .71<br />

1.51 0.82 .80 .69<br />

1.53 0.87 .85 .74<br />

Ohne Gewalt wäre alles viel langweiliger. 1.46 0.81 .83 .72<br />

Wenn mich jemand provoziert, dann werde ich<br />

schnell gewalttätig.<br />

1.65 0.92 .77 .65<br />

Gesamtskala 1.53 0.69 α=.87<br />

E<strong>in</strong>e besondere Form der Gewaltakzeptanz stellen die sogenannten „Gewalt legitimierenden<br />

Männlichkeitsnormen (GLMN)“ dar (vgl. Enzmann et al. 2004). Personen, die diesen normativen<br />

Vorgaben entsprechen, erachten Gewalt als Mittel der Verteidigung der eigenen Ehre<br />

bzw. der Ehre der Familie als gerechtfertigt. Der kulturelle Ursprung dieser Normen liegt <strong>in</strong><br />

den sozial-geographischen Bed<strong>in</strong>gungen bestimmter Herkunftsländer von Immigranten. In so<br />

genannten „Herdengesellschaften“ mit schwacher Infrastruktur <strong>und</strong> zum Teil schwer zugänglichen<br />

Territorien existiert die Notwendigkeit, stets Bereitschaft zur Selbstverteidigung von<br />

Familie <strong>und</strong> Eigentum zu signalisieren. Nisbett <strong>und</strong> Cohen (1996) gehen davon aus, dass <strong>in</strong><br />

diesen Kulturen bereits junge K<strong>in</strong>der gelehrt bekommen, aggressiv zu se<strong>in</strong>, <strong>und</strong> dass bei der<br />

Sozialisation der Jungen schon früh darauf geachtet wird, dass sie auf den Erhalt ihrer Ehre<br />

bedacht s<strong>in</strong>d. Gewalt wird somit als angemessenes <strong>und</strong> auch sozial erwartetes Mittel der<br />

Selbstverteidigung angesehen. Enzmann et al. (2004) haben <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit diesen<br />

Überlegungen gezeigt, dass die höhere Gewaltprävalenz bei jungen Türken durch das Konzept<br />

der „Kultur der Ehre“ erklärt werden kann, da gerade diese Bevölkerungsgruppe die<br />

GLMN am stärksten <strong>in</strong>ternalisiert hat. Allerd<strong>in</strong>gs zeigen verschiedene empirische Studien,<br />

dass auch (<strong>in</strong>sbesondere männliche) Jugendliche ohne Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> diesen Normen<br />

zustimmen (z.B. Baier/Pfeiffer 2008), weshalb vermutet werden kann, dass diese kulturellen<br />

Vorstellungen nicht alle<strong>in</strong> auf bestimmte Migrantengruppen beschränkt s<strong>in</strong>d, sondern dass<br />

ganz allgeme<strong>in</strong> (männliche) Jugendliche <strong>in</strong> marg<strong>in</strong>alisierten sozialen Lagen Gewalt als Mittel<br />

der F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>er Identität <strong>und</strong> der Erfahrung von Anerkennung e<strong>in</strong>setzen.<br />

Erfasst wurden die Männlichkeitsnormen mittels acht Aussagen, denen von 1 „stimme gar<br />

nicht zu“ bis 4 „stimme völlig zu“ zugestimmt werden konnte. Analysen der Schülerbefragung<br />

2005 (Baier et al. 2006, S. 226f) sowie Faktorenanalysen der vorliegenden <strong>Hannover</strong>-<br />

Daten zeigen, dass es sich bei dieser Messung nicht um e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>dimensionales Konstrukt handelt,<br />

sondern dass zwischen zwei Subdimensionen von Männlichkeitsnormen zu unterschei-

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