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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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sche Mehrebenenanalysen gerechnet, bei denen simultan <strong>in</strong>dividuelle <strong>und</strong> kontextuelle<br />

Merkmale berücksichtigt werden können (vgl. Snijders/Bosker 1999, Ditton 1998). Als Prädiktoren<br />

auf Individualebene werden Variablen aufgenommen, die <strong>in</strong> der krim<strong>in</strong>ologischen<br />

Forschung als zentrale E<strong>in</strong>flussfaktoren diskutiert werden <strong>und</strong> im Kapitel 4 bereits untersucht<br />

wurden:<br />

− Geschlecht: Das Jungen <strong>in</strong> stärkerem Maße durch del<strong>in</strong>quentes Verhalten <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />

treten, kann als e<strong>in</strong> gesicherter Bef<strong>und</strong> der empirischen Forschung gelten (vgl. u.a. Oberwittler<br />

2003, Moffitt et al. 2001).<br />

− Schulform: Jugendliche niedriger Schulformen (<strong>in</strong>sbesondere der Hauptschule) weisen e<strong>in</strong>e<br />

höhere Del<strong>in</strong>quenz-, <strong>in</strong>sbesondere Gewaltbelastung auf als Jugendliche, die e<strong>in</strong> Gymnasium<br />

oder e<strong>in</strong>e Waldorfschule besuchen, was auch unter Berücksichtigung verschiedener<br />

Faktoren (wie der höheren <strong>in</strong>nerfamiliären Gewaltbelastung, des höheren Anteils an Migranten<br />

an Hauptschulen) nicht vollständig erklärt werden kann (vgl. Baier/Pfeiffer 2007a).<br />

− Ethnische Herkunft: In zahlreichen krim<strong>in</strong>ologischen Dunkelfelduntersuchungen erweisen<br />

sich nichtdeutsche Befragte als gewalttätiger als deutsche Befragte (vgl. u.a. Oberwittler<br />

2003, Wetzels et al. 1998). E<strong>in</strong>zig bzgl. der russischstämmigen Aussiedler gehen die Bef<strong>und</strong>e<br />

etwas ause<strong>in</strong>ander (vgl. Naplava 2002): E<strong>in</strong>ige Studien berichten höhere Prävalenzraten<br />

im Vergleich mit Deutschen (u.a. Babka von Gostomski 2003), andere h<strong>in</strong>gegen<br />

niedrigere (u.a. Kühnel/Strobl 2000).<br />

− Familiärer <strong>und</strong> sozialer H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>: Die Familie <strong>und</strong> der <strong>in</strong> ihr gepflegte Erziehungsstil<br />

ist für die Genese del<strong>in</strong>quenten Verhaltens von großer Bedeutung (vgl. Baier 2005, Pettit et<br />

al. 2001). Unzureichende elterliche Kontrolle kann sich über Freizeitaktivitäten oder<br />

Fre<strong>und</strong>schaften der K<strong>in</strong>der direkt auf deviantes Verhalten auswirken. Dort, wo Kontroll-<br />

<strong>und</strong> Sanktionsmechanismen fehlen, eröffnen sich mehr Gelegenheiten für abweichendes<br />

Verhalten. Neben der elterlichen Kontrolle bee<strong>in</strong>flusst zudem das Erleben elterlicher Gewalt<br />

das Risiko del<strong>in</strong>quenten Verhaltens (Lansford et al. 2007, Wetzels et al. 2001, Rebellion/van<br />

G<strong>und</strong>y 2005, Smith/Thornberry 1995, Simons et al. 2000, Yexley et al. 2002).<br />

Neben dem Erziehungsstil spielt aber auch die sozialstrukturelle Situation der Familie e<strong>in</strong>e<br />

Rolle. Wenn – im S<strong>in</strong>ne der Deprivationstheorie von Merton (1995) – für Teile der Bevölkerung<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft die kulturellen Ziele (z.B. beruflicher Erfolg, Prestige) aufgr<strong>und</strong><br />

struktureller Barrieren (z.B. schlechte Bildungschancen, Armut) nicht erreichbar s<strong>in</strong>d, kann<br />

e<strong>in</strong>e Verarbeitungsform für diese Diskrepanz zwischen Zielen <strong>und</strong> zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln del<strong>in</strong>quentes Verhalten se<strong>in</strong>. Illegale bzw. illegitime Mittel werden e<strong>in</strong>gesetzt<br />

(z.B. Diebstahl), um kulturelle Ziele wie Wohlstand zu erreichen. Zuletzt ist auch die Familienkonstellation<br />

(strukturell vollständiges vs. unvollständiges Elternhaus) zu berücksichtigen,<br />

da verschiedene Studien e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss dieser – zumeist vermittelt über bestimmte<br />

Interaktionsstile <strong>und</strong> Kontrollmöglichkeiten – auf del<strong>in</strong>quentes Verhalten zeigen<br />

konnten (vgl. Demuth et al. 2004, Haas et al. 2004).<br />

− Selbstkontrolle: Die Selbstkontrolltheorie von Gottfredson <strong>und</strong> Hirschi (1990) basiert auf<br />

der Annahme, dass Personen sich h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Fähigkeit, langfristige Folgen bei der<br />

Entscheidungsf<strong>in</strong>dung für oder gegen del<strong>in</strong>quente Taten zu berücksichtigen, unterscheiden.<br />

Personen mit niedriger Selbstkontrolle neigen der Theorie zufolge deshalb eher zu gewalt-<br />

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