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Jugendgewalt und Jugenddelinquenz in Hannover. Aktuelle Befund

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tätigem Verhalten, weil sie sich auf den kurzfristigen Nutzen ihres Handelns konzentrieren.<br />

E<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen Selbstkontrolle <strong>und</strong> verschiedenen Formen abweichenden<br />

Verhaltens ist empirisch wiederholt belegt worden (vgl. Vaszonyi et al. 2001).<br />

− Fre<strong>und</strong>esgruppe: Fre<strong>und</strong>schaftsnetzwerke spielen bei der Erklärung del<strong>in</strong>quenten Verhaltens<br />

ebenfalls e<strong>in</strong>e zentrale Rolle, was u.a. durch die Theorie des differenziellen Lernens<br />

herausgearbeitet wird (vgl. Sutherland 1968, Akers 1977). Überwiegen <strong>in</strong> Fre<strong>und</strong>esgruppen<br />

die devianten Rollenvorbilder gegenüber den normenkonformen Vorbildern, ist die<br />

Ausübung abweichenden Verhaltens wahrsche<strong>in</strong>licher. Der Kontakt zu deutschen Jugendlichen<br />

sollte <strong>in</strong> dieser Perspektive mit größerer Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit positive, Gewalt ablehnende<br />

Rollenvorbilder darstellen, da diese sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von Merkmalen von nichtdeutschen<br />

Jugendlichen abheben (ger<strong>in</strong>gere Armutsquote, höhere Bildung, seltenere <strong>in</strong>nerfamiliäre<br />

Opfererfahrungen, ger<strong>in</strong>gere Zustimmung zu Gewalt legitimierenden Männlichkeitsnormen<br />

usw.). Insofern stellt der Anteil an deutschen Jugendlichen im Fre<strong>und</strong>esnetzwerk<br />

e<strong>in</strong>en Indikator für die Häufigkeit des Kontakts zu positiven Rollenvorbildern dar.<br />

E<strong>in</strong> hoher Anteil an deutschen <strong>und</strong> damit weniger problembelasteten <strong>und</strong> benachteiligten<br />

Jugendlichen im Fre<strong>und</strong>esnetzwerk (<strong>in</strong>sbesondere von den nichtdeutschen Jugendlichen)<br />

sollte deshalb mit ger<strong>in</strong>ger Gewaltbereitschaft von Jugendlichen e<strong>in</strong>hergehen.<br />

− Medien: Trotz des <strong>in</strong> der Forschung herrschenden Dissenses über die konkreten Mechanismen,<br />

die den Zusammenhang zwischen Medien <strong>und</strong> Del<strong>in</strong>quenz begründen, ist man sich<br />

weitestgehend e<strong>in</strong>ig, dass gewalthaltige Medien<strong>in</strong>halten der sozialen Entwicklung von<br />

K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> Jugendlichen nicht förderlich s<strong>in</strong>d (vgl. Anderson/Bushman 2001, Fuchs et al.<br />

2005, Kunczik/Zipfel 2004). Identische Inhalte wirken sich allerd<strong>in</strong>gs nicht gleichermaßen<br />

auf die Rezipienten aus, sondern entfalten <strong>in</strong>sbesondere im Zusammenwirken mit weiterenren<br />

Faktoren (<strong>in</strong>nerfamiliäre Gewalt, Arbeitslosigkeit) negative Auswirkungen auf das<br />

eigene Verhalten. Im multivariaten Modell soll der E<strong>in</strong>fluss gewalthaltiger Filme <strong>und</strong><br />

Computerspiele als möglicher E<strong>in</strong>flussfaktor geprüft werden.<br />

Auf der Ebene der Stadtteile wird – <strong>in</strong> Anlehnung an die Ausführungen zur Theorie der sozialen<br />

Desorganisation – vermutet, dass der Anteil an Empfängern von Sozialgeld/ALG II im<br />

Stadtteil, die Bewohnerfluktuation <strong>und</strong> die ethnische Heterogenität neben den <strong>in</strong>dividuellen<br />

Merkmalen e<strong>in</strong>en eigenständigen Effekt auf das Risiko del<strong>in</strong>quenten Verhaltens haben. Die<br />

ersten beiden Merkmale wurden offiziellen Statistiken der Stadt <strong>Hannover</strong> entnommen. Die<br />

Bewohnerfluktuation berechnet sich dabei aus der Summe der Fortzüge <strong>und</strong> der Zuzüge (bere<strong>in</strong>igt<br />

um die stadtteil<strong>in</strong>ternen Umzüge) geteilt durch die E<strong>in</strong>wohnerzahl im Stadtteil. Dieser<br />

Wert wurde mit 1.000 multipliziert, um den Anteil der Zu- bzw. Fortzüge pro 1.000 E<strong>in</strong>wohner<br />

e<strong>in</strong>es Stadtteils zu bestimmen. Zur Erfassung der ethnischen Heterogenität wurden die<br />

Angaben der Neuntklässler herangezogen. Für jeden Stadtteil wurden die Anteile aller ethnischen<br />

Gruppen berechnet; mit Hilfe des statistischen Maßes der relativen Devianz lässt sich<br />

das Ausmaß der Heterogenität bestimmen (vgl. Kühnel/Krebs 2007). Je größer die relative<br />

Devianz ausfällt, umso größer ist die ethnische Vielfalt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stadtteil. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

wird auch die soziale Kohäsion als Kontextmerkmal <strong>in</strong> das Modell aufgenommen. Hierfür<br />

wurden die Werte der Individuen über die Stadtteile aggregiert, um die „mittlere“ soziale Kohäsion<br />

e<strong>in</strong>es Stadtteils zu erfassen.

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