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issues of linguistics - Tbilisi State University

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an beliebige ossetische Appellativa Spitznamen gebildet werden können, die so<br />

unmittelbar verständlich sind. Ein solcher Fall liegt vor beim maskulinen Namen<br />

Ädylybeg, der ein Kompositum aus dem ossetischen Adjektiv ädyly ‘dumm’ und<br />

dem erwähnten suffixalen Element -beg darstellt (Fritz 2006:176). Ein weiteres<br />

Beispiel ist Zondabi in der Bedeutung’Herr Neunmalklug’; bei diesem Namen<br />

wurde das ossetische Substantiv zond ‘Verstand, Wissen’ um das Element -bi<br />

erweitert (Fritz 2006:1713; s. auch Fritz 1988:196).<br />

Ein interessantes Phänomen stellen auch solche Namen dar, deren lexikalische<br />

Elemente zwar aus dem iranischen Grundwortschatz des Ossetischen stammen, die<br />

aber im Sinne von Lehnübersetzungen turksprachige Muster reflektieren. Dies<br />

betrifft vor allem eine Reihe von Namen, die aus ganzen Sätzen bestehen, wie z.B.<br />

der weibliche Name Cämänqwyd, der von seiner Etymologie her rein ossetisch<br />

(also: iranisch) ist; er setzt sich zusammen aus oss. (iron.) cämän ‘warum, wozu’<br />

und qwyd, dem Part. prät. des Verbs qäwyn ‘nötig sein, fehlen’. Der Name bedeutet<br />

also ‘Wozu war sie nötig?’ (Fritz 2006:359). Ein weiteres Beispiel dieser Art ist<br />

der für das Digor belegte ebenfalls feminine Name Kisnal ‘Kein Mädchen mehr!’,<br />

der aus dem digorischen Wort für ‘Mädchen, Tochter’ und nal ‘nicht mehr, kein ...<br />

mehr’ gebildet ist (Fritz 2006:865). Solche Namen, die in der zweiten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts noch vergeben wurden, sind nach wie vor für jeden Muttersprachler<br />

des Ossetischen leicht analysierbar. Die Motivation einer solchen<br />

Namensgebung ist gut nachvollziehbar: Im Kaukasus hatten Mädchen traditionell<br />

nicht denselben Stellenwert wie Jungen. Wurde also statt des ersehnten<br />

Stammhalters eine Tochter geboren, womöglich bereits nach einer Serie von<br />

Töchtern, sollten Namen dieser Art im Sinne einer Beschwörungsformel dem<br />

Mädchensegen ein für allemal Einhalt gebieten. Die Vorbilder solcher Namenskonstrukte<br />

sind in den Turksprachen gut belegt, vgl. z.B. türkisch Gizyeter ‘Genug<br />

der Töchter!’, turkmenisch Güldursun ‘Der Blume sei Einhalt geboten!’, wobei das<br />

Blumenwort synonym für ‘Mädchensegen’ steht. Ein weiteres Beispiel ist der<br />

kumükische Frauenname Qystaman, wörtlich ‘Mädchen genug!’ (Fritz 1988:197).<br />

Auch die im Ossetischen häufig zu findenden Tabunamen verbaler Provenienz<br />

sind so im Iranischen nicht verankert, doch bei den Turkvölkern äußerst üblich.<br />

Namen wie der fem. Personenname Anygwyla, im Ossetischen (Iron) wörtlich ‘Sie<br />

möge untergehen / sterben! ’ (Fritz 2006:109), sind zwar in lexikalischmorphologischer<br />

Hinsicht auf iranischer Basis gebildet, doch folgen sie funktionell<br />

und strukturell türkischen Vorbildern. Derartige Namen sollen den bösen Geistern<br />

vortäuschen, daß das Kind entweder nicht existiere oder bereits dem Jenseits<br />

versprochen oder verkauft sei. Ein nominal gebildeter maskuliner Name, der den<br />

bereits eingetretenen Tod vorgaukeln soll, ist Änäud, im Ossetischen wörtlich<br />

‘ohne Seele (seiend)’ (Fritz 2006:182). Es gibt auch zahlreiche Namen, die durch<br />

ihre abwertende Bedeutung das Kind "uninteressant" erscheinen lassen sollen. Dem<br />

Volksglauben nach wird dadurch verhindert, daß die unheilvollen Mächte<br />

überhaupt erst auf das Neugeborene aufmerksam werden. Hierher gehören etliche<br />

Namen, die Appellativa reflektieren, mit denen unscheinbare oder sogar ekelerregende<br />

Tiere bezeichnet werden. Als ein illustratives Beispiel mag der feminine<br />

Name ironisch Byndz bzw. digorisch Bindzä dienen, der das ossetische Wort für<br />

‘Fliege’ unverändert wiedergibt (Fritz 2006:310,352). Ein maskulines Pendant liegt<br />

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