issues of linguistics - Tbilisi State University
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Eine Sonderstellung innerhalb des iranischen Namenguts des Ossetischen nehmen<br />
einige historisierende Personennamen ein, die erst in den letzten Jahrzehnten des<br />
20. Jahrhunderts Popularität erlangten. Ihr Aufkommen ist in direktem Zusammenhang<br />
mit dem Erwachen eines eigenen Geschichtsbewußtseins und Nationalgefühls<br />
bei dem neu entstandenen ossetischen Bildungsbürgertum zu sehen. Zumeist<br />
sind diese Namen von Ethnonymen abgeleitet, wie z.B. der maskuline Personenname<br />
Alan, der nur indirekt auf eine alanische Vorform *allan (aus altiranisch<br />
*āryana-/ *aryana- ‘arisch’) zurückgeht. Dieses Ethnonym diente den Alanen als<br />
Eigenbezeichnung, wurde jedoch später von den die beiden Hauptstämme der<br />
Osseten bezeichnenden Ethnonymen ir/ irä und dygūr/ digor verdrängt und geriet<br />
in Vergessenheit. Der heute gebräuchliche Personenname Alan wurde erst in der<br />
Neuzeit ins Ossetische "reimportiert", und zwar aus dem Englischen, wohin er<br />
zunächst in der Form Alain aus dem Französischen gelangt war. Dort war er im<br />
Zuge der Völkerwanderung als Benennung der Alanen aufgekommen (Fritz<br />
2006:51; Fritz 1988:203).<br />
Ein sehr gebräuchlicher femininer historisierender Personenname ist Zärinä. Zwar<br />
zeigt der Name lautliche Übereinstimmung mit dem ossetischen Wort für ‘Gold,<br />
golden’, doch liegt auch in diesem Fall keine ununterbrochene Tradition vor.<br />
Vielmehr handelt es sich hierbei um eine "Wiederbelebung" eines bei Ktesias<br />
überlieferten Namens der skythischen Königin Ζαρ…να, der zu skythisch *zaranya-<br />
‘Gold, golden’ zu stellen ist (Fritz 2006:1702).<br />
Ein Stratum für sich bilden die Namen der legendären Helden und Heldinnen des im<br />
gesamten Kaukasusgebiets verbreiteten sogenannten "Nartenepos". Es handelt sich<br />
hierbei allerdings nicht um ein Epos im klassischen Sinn, sondern um ineinander<br />
übergehende, nur lose zusammenhängende Zyklen von Heldensagen. Es ist im<br />
gegebenen Kontext von Bedeutung, daß die Kernsagen die größte historische Tiefe<br />
des Epos widerspiegeln und daß, wie erst kürzlich nachgewiesen wurde, die Namen<br />
der "Kernfamilie" der Narten letztlich iranisch zu etymologisieren sind und die nichtiranischen<br />
(armenischen, kaukasischen und zu einem geringen Grad auch türkischen)<br />
phonologischen und morphologischen Strata dieser Namen in der außerossetischen<br />
Überlieferung aus späteren Epochen stammen. So können die Ergebnisse aus der<br />
onomastischen Erfoschung als ein indirekter Beweis dafür gewertet werden, daß es<br />
sich beim "Nartenepos", zumindest in seinen Kernteilen, um eine ursprünglich<br />
iranische Schöpfung handelt, die erst später zu den anderen Völkern des Kaukasus<br />
gelangte. Hinter den Namen der mythischen Hauptfiguren wie der weiblichen Heldin<br />
Satana und des tapferen Soslan oder Sozyryqo verbergen sich letztlich historische<br />
Persönlichkeiten, wie kürzlich erwiesen wurde. 1 Im heutigen Namengut der Osseten<br />
spielen diese Namen hingegen keine Rolle mehr.<br />
2. Anthroponyme im Kabardinischen und Adygeischen<br />
Die abchasisch-adygischen oder westkaukasischen Sprachen gehören zu den<br />
autochthonen Kaukasussprachen. Sie werden heute im wesentlichen im nordwestlichen<br />
sowie im westlichen Teil des zentralen Kaukasusgebiets gesprochen. Zum<br />
1 S. ausführlich in Fritz / Gippert 2005a und 2005b; Fritz 2006:1310,1385.<br />
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