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“Gibt es eine Net Generation?” (PDF) - ZHW - Universität Hamburg

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Schulmeister: Gibt <strong>es</strong> <strong>eine</strong> <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong>?<br />

Wirkung der Diskurs zur <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong> hat, wird daran b<strong>es</strong>onders deutlich, wenn sich<br />

Jugendliche im Internet als Digital Nativ<strong>es</strong> identifizieren und sich selbst unverblümt alle<br />

bekannten Attribute der <strong>Net</strong> Kids zuschreiben.<br />

Spricht aus m<strong>eine</strong>n Worten Ärger? Bin ich darüber entsetzt, dass immer wieder Behauptungen<br />

derartiger Globalität aufg<strong>es</strong>tellt und Urteile solcher Reichweite gefällt werden,<br />

ohne sich <strong>eine</strong>r vernünftigen Grundlage versichert und Alternativen geprüft zu haben?<br />

Mein Ziel als Lehrender und Forscher ist <strong>es</strong>, der Verschiedenheit der Individuen gerecht<br />

zu werden und ihre Diversität im Unterricht zu r<strong>es</strong>pektieren. Die Konstruktion <strong>eine</strong>r <strong>Net</strong><br />

<strong>Generation</strong> (Herring 2008: die <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong> ist <strong>eine</strong> »Adult Construction of Digital<br />

Youth«) scheint mir geradezu der konträre Weg zu sein, <strong>es</strong> ist allenfalls <strong>eine</strong> unsolide<br />

Prognose <strong>eine</strong>r zukünftigen <strong>Generation</strong> (ebda, S. 72). Ich habe den Eindruck, dass das<br />

Bild der <strong>Net</strong> Geners ziemlich gut zum Zukunftsbild <strong>eine</strong>r Lehre mit Web 2.0-Methoden<br />

passt. Ich verstehe <strong>es</strong> d<strong>es</strong>halb gut, wenn das Imago der <strong>Net</strong>zgeneration denjenigen gelegen<br />

kommt, die sich für die Verbreitung der Web 2.0-Methoden einsetzen oder sich<br />

für <strong>eine</strong> moderne Lehre engagieren. Aber gerade weil ihr Inter<strong>es</strong>se auf den Einsatz von<br />

Web 2.0-Umgebungen gerichtet ist und sie deren Potenzial (auch) für das Lernen ahnen,<br />

sollten sie lernerzentriert forschen und Argumente solide prüfen.<br />

In fast allen Rückmeldungen und Weblogs hat <strong>es</strong> zur ersten Version di<strong>es</strong>er Arbeit viel<br />

Zustimmung gegeben, in wenigen deuteten allerdings selbst kritische Zeitgenossen neben<br />

genereller Zustimmung auch Abgrenzungen und Abwehr an:<br />

Eine Aussage, die sich auf ein Gefühl d<strong>es</strong> Überzeugtseins beruft, d<strong>es</strong>sen Ursprung unreflektiert<br />

bleibt und nicht mehr hinterfragt wird, soll zur Beibehaltung d<strong>es</strong> Sprachspiels<br />

berechtigen. Der Verweis auf ›sicher<strong>es</strong>‹ Erleben ist ein prima facie-Beweis, der die Evidenz<br />

d<strong>es</strong> erfahrenen Phänomens zur Gewissheit machen will und die Beweislast für<br />

das empirisch nicht nachweisbare Konstrukt dem Gegner zuweist. Die rhetorische Figur<br />

nach dem beliebten Muster ›Praktiker versus Wissenschaftler‹ (›die Kritik mag in der<br />

Wissenschaft gelten, aber in der Praxis ist das Bild brauchbar‹) spielt die Karte d<strong>es</strong> praktischen<br />

Nutzens, die den Einsatz der irreführenden Metapher als Trick legitimieren soll.<br />

Anscheinsbeweise, Evidenzbehauptungen und Selbstgewissheitsgefühle repräsentieren<br />

Abwehrhaltungen und sind k<strong>eine</strong> gute Basis für <strong>eine</strong>n rationalen Diskurs. Die r<strong>es</strong>ervatio<br />

mentalis, man dürfe anderer Meinung sein, das sei das W<strong>es</strong>en der Wissenschaft, kann<br />

so nicht richtig sein, denn Wissenschaft ist etwas ander<strong>es</strong> als ein Sammelsurium von<br />

Meinungen. Wir sollten nicht davon ausgehen, der wissenschaftliche Diskurs sei nicht<br />

entscheidbar. Ein formaler Verweis auf den Diskursfähigkeit der Wissenschaft, ohne inhaltliche<br />

Rechtfertigung für den distanzierenden Vorbehalt, überantwortet das Argument<br />

der Beliebigkeit und fungiert als Generalamn<strong>es</strong>tie für alle Zweifler. B<strong>es</strong>onders forsch,<br />

um nicht frech zu sagen, empfand ich den Vorwurf, dass kritische Betrachtungen wie<br />

ich sie hier pflege, »ja nicht die Funktion (hätten), di<strong>es</strong>en Wandel zu g<strong>es</strong>talten, sondern<br />

werden hierzulande zum Abwiegeln eing<strong>es</strong>etzt«. Wer das schreibt, hat sich nicht die<br />

Mühe gemacht, mehr von mir als di<strong>es</strong>en Aufsatz zur Kenntnis zu nehmen. Es geht mir<br />

um ganz andere Dinge, als jemanden davon abzubringen, Medien im Unterricht einzusetzen.<br />

Es geht mir um die Widerlegung derjenigen, die andere dazu verleiten, die Diversität<br />

der Lernenden zu vernachlässigen.<br />

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