“Gibt es eine Net Generation?” (PDF) - ZHW - Universität Hamburg
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<strong>Generation</strong>enkonzepte und andere Nutzer-Typologien<br />
mahnt (Lepsius 2005). Weisbrod sieht im »fast inflationären Begriffsgebrauch« ein<br />
›doppelt<strong>es</strong> Dilemma‹: die ›lebensweltliche Evidenz‹, die auf den »Anschein <strong>eine</strong>r natürlichen<br />
und daher universalen Lebenserfahrung« zurückzuführen sei, und die ›emphatische<br />
Überdetermination‹. Mit dem Begriff der <strong>Generation</strong>alisierung bezeichnet er den<br />
aktiven Proz<strong>es</strong>s der Umdeutung von Biographien. 31<br />
Das <strong>Hamburg</strong>er Institut für Sozialforschung hat 2003 <strong>eine</strong> Tagung mit kulturwissenschaftlichem<br />
Fokus zum <strong>Generation</strong>enkonzept veranstaltet (Jureit & Wildt 2005). 32 Die<br />
Rezensenten im Literaturbrief d<strong>es</strong> Deutschen Jugendinstituts (Lange u.a. 2006) bezeichnen<br />
den kulturwissenschaftlichen Rahmen als »Notwendig<strong>es</strong> Korrektiv gegenüber generations-rhetorischen<br />
Verkürzungen«, die insb<strong>es</strong>ondere dann auftreten, wenn, von den<br />
Medien propagiert, die »Jugend zum Programm erhoben« wird, wobei <strong>es</strong> noch hingehen<br />
mag, wenn <strong>Generation</strong> als Selbstb<strong>es</strong>chreibung in Anspruch genommen wird, während<br />
»methodologische Tücken, […] dann offenbar werden, wenn Selbst- und Fremdb<strong>es</strong>chreibung<br />
auseinander fallen und zum Beispiel Wissenschaftler <strong>eine</strong> <strong>Generation</strong> wie<br />
die ›89er‹ entdecken, die partout k<strong>eine</strong> sein will.« (S. 73)<br />
Im Band zur <strong>Hamburg</strong>er Tagung (Jureit & Wildt 2005) wurden die vielfältigen Aspekte<br />
deutlich, unter denen der <strong>Generation</strong>enbegriff diskutiert werden kann, von der Anthropologie,<br />
über die Philosophie und Soziologie zur Kulturwissenschaft und Kunstg<strong>es</strong>chichte,<br />
mehrere Autoren betonen wie Lepsius »›<strong>Generation</strong>‹ ist ein in hohem Maße<br />
unspezifizierter Begriff, so dass man all<strong>es</strong> damit assoziieren kann.« (S. 47). Es ist hier<br />
nicht der Ort, auf alle Facetten der spannenden Diskussion einzugehen, ich will nur<br />
zwei Aussagen erwähnen, die Berührung mit dem hier diskutierten Thema haben. Rainer<br />
Lepsius, der sich nicht als »Freund di<strong>es</strong>er linearen <strong>Generation</strong>szuschreibungen«<br />
sieht (S. 51) und »skeptisch gegenüber der <strong>Generation</strong>enforschung« ist, wendet methodologisch<br />
ein: »<strong>Generation</strong> ist also oft nur <strong>eine</strong> Zuschreibung und man muss schon genau<br />
b<strong>es</strong>timmen, über welche Proz<strong>es</strong>se die Relevanz und die Funktion di<strong>es</strong>er Zuschreibungen<br />
tatsächlich erfolgt.« (S. 51) Dennoch hält er den Begriff für »vielleicht zweckmäßig<br />
bei der Analyse von kulturellen Eliten, insb<strong>es</strong>ondere von politischen Eliten.« Neben<br />
di<strong>es</strong>er eing<strong>es</strong>chränkten Funktion in der kulturpolitischen Analyse hält er nichts vom<br />
<strong>Generation</strong>enbegriff, da er im w<strong>es</strong>entlichen Deduktion sei, wobei er sich mit di<strong>es</strong>em<br />
Argument auf die wissenschaftliche Forschung bezieht und nicht auf populäre Schriften,<br />
die ich hier diskutiere:<br />
48<br />
»Zuschreibungen ohne Angabe von Zuschreibungsregeln und vage definierte <strong>Generation</strong>slagerungen.<br />
Damit verbunden ist noch die Annahme, dass sich damit irgendetwas erklären<br />
ließe, was aber nicht der Fall sein kann, da <strong>es</strong> r<strong>eine</strong> Deduktionen sind.« (S. 52)<br />
31 Bernd Weisbrod ist Sprecher d<strong>es</strong> Graduiertenkollegs »<strong>Generation</strong>eng<strong>es</strong>chichte« der <strong>Universität</strong> Göttingen<br />
[http://www.generationeng<strong>es</strong>chichte.uni-goettingen.de/projekte.html].<br />
32 Ein Tagungsbericht [http://www.his-online.de/download/tagungsbericht_generationen.pdf] von Christoph Corneli§en,<br />
Düsseldorf, deutet die Vielfalt der Perspektiven zu dem Thema an. Von Sigrid Weigel wird berichtet, sie »plädierte<br />
in ihrem Schlussreferat allerdings dafür, in der G<strong>es</strong>chichtsschreibung auf das <strong>Generation</strong>enkonzept überhaupt<br />
zu verzichten.«