“Gibt es eine Net Generation?” (PDF) - ZHW - Universität Hamburg
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Die Propagandisten der <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong><br />
Ich bin mehrfach von skeptischen Kollegen gefragt worden, warum ich mich der Mühe<br />
unterziehe, die Th<strong>es</strong>e von der <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong> zu widerlegen, die offensichtlich unwissenschaftliche<br />
Konstruktion der <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong> lohne den Aufwand <strong>eine</strong>r gründlichen<br />
Auseinandersetzung doch nicht. Ich m<strong>eine</strong>, wir dürfen erstens nicht übersehen, dass die<br />
populären Metaphern der Computer Kids, der Internet <strong>Generation</strong> u.a. <strong>eine</strong>n Rattenfänger-Effekt<br />
haben, den <strong>es</strong> zu verhindern gilt, und dass zweitens in der Aufklärung <strong>eine</strong><br />
Chance liegt und ein Potenzial steckt, unseren heutigen Studierenden die Wirksamkeit<br />
wissenschaftlicher Argumentation an <strong>eine</strong>m aktuellen Thema nahe zu bringen.<br />
Ich hatte in der ersten Version di<strong>es</strong>er Studie gefragt, »Spricht aus m<strong>eine</strong>n Worten Ärger?«<br />
und schon in der ersten Version <strong>eine</strong> Antwort darauf versucht. Aber nach einigen<br />
Rückmeldungen ist mir klar geworden, warum ich (immer noch) ärgerlich bin: Die mit<br />
dem Bild der <strong>Net</strong> <strong>Generation</strong> implizit vorgetragenen Schlagworte, Metaphern, Bildern<br />
und Rhetorik suggerieren einverständlich<strong>es</strong> Verstehen, ohne dass vorher Bedeutungen<br />
ausgehandelt und Geltungsansprüche kritisch reflektiert worden wären, sie lassen k<strong>eine</strong><br />
Zweifel mehr aufkommen. Derartig<strong>es</strong> Reden setzt das Denken aus, umgeht die Skepsis.<br />
Sobald ich als Lehrer, Wissenschaftler, Journalist oder Blogger in <strong>eine</strong>r derart irreführenden<br />
Sprache verkehre, exkulpiere ich m<strong>eine</strong> Teilnehmer und L<strong>es</strong>er von der kritischen<br />
Reflexion und gebe m<strong>eine</strong> aufklärerische Rolle auf (s.a. S. 28). Das macht mich selbst<br />
nach 250 Jahren »Kritik der praktischen Vernunft« ärgerlich.<br />
Was mich antreibt? Ich habe versucht, <strong>es</strong> in <strong>eine</strong>m Satz in m<strong>eine</strong>r Eröffnungsrede für die<br />
Tagung der G<strong>es</strong>ellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) in <strong>Hamburg</strong> 2007 zusammenzufassen<br />
[http://www.gmw07.de/Archiv/videoarchiv_mi.php]:<br />
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»Die Einsicht in die Relativität der Erkenntnis befähigt zur Abwehr d<strong>es</strong> Absoluten,<br />
zum Widerstand gegen das Dogma. Skepsis ist ein Bollwerk gegen Behauptungen,<br />
die mit dem Wörtchen ›glauben‹ eingeläutet werden. Ihr Ziel ist die Stärkung der<br />
Urteilsfähigkeit, die Evokation der Parteilichkeit d<strong>es</strong> M<strong>eine</strong>ns und Tuns. Bildung<br />
bedarf der Skepsis, sie verlangt von uns, mit der Einsicht in die Werthaltigkeit der<br />
Erkenntnis, aber ohne absolute Wahrheit leben zu müssen.«